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Alles gleich?


Kritik

Zu Beginn ein Blick hinter die Kulissen: Waren Frauen bei den diesjährigen „KinderStücken“ ähnlich präsent wie bei den „Stücken“? Bei den Nominierungen gibt es ein 50/50-Verhältnis: zwei Stücke von Frauen, darunter das Gewinnerstück von Tina Müller, zwei Stücke von Männern und die gemeinsame Produktion von Nadja Sieger und Georg Piller. Das Auswahlgremium hingegen war es in diesem Jahr rein männlich. Auch die Jury bestand aus zwei Männern und nur einer Frau, der Übersetzerin Iwana Nowacka. Insofern stehen die KinderStücke zahlenmäßig im Kontrast zu ihrem großen Festival-Bruder. Eine bessere Quote gibt es bei der Regie: Mit Brigitta Soraperra („Dickhäuter“), Andrea Kramer („Die Biene im Kopf“) und Nadja Sieger („Aus die Maus“) sind drei von den fünf eingeladenen Stücken von Regisseurinnen inszeniert.

Keine Jelinek

Auch die verhältnismäßig kurze Geschichte der KinderStücke hat nicht gerade viele Frauen zu bieten. Zusätzlich zu der diesjährigen Gewinnerin Tina Müller gibt es nur eine weitere Preisträgerin: Milena Baisch, die 2014 für ihr Stück „Die Prinzessin und der Pjär“ ausgezeichnet wurde. Wenn man von Elfriede Jelinek einmal absieht, sieht die Gewinnerinnen-Quote bei den großen „Stücken“ allerdings auch relativ erbärmlich aus. Ohne Jelinek sind in 41 Jahren Festivalgeschichte nur noch die zwei Siege von Dea Loher und ein Sieg von Katja Brunner zu verzeichnen. Die Jelinek der „KinderStücke“ muss eben noch mit dem Schreiben anfangen (oder Jelinek selbst mit dem Schreiben von Kinderstücken – das würde sicherlich für die von der Jury erwünschten Sprachexperimente sorgen).

Bei den Nominierungen für den „KinderStücke“-Preis dominieren die Männer den historischen Querschnitt auch. Eine große Ausnahme bilden die ersten KinderStücke im Jahr 2010. Hier war lediglich ein Mann nominiert. Seitdem war das Verhältnis aber immer umgekehrt: Stets wurden zwischen null und zwei Autorinnen nominiert, in diesem Jahr ist das Verhältnis erstmals ausgewogen.

Auf der Bühne

Doch wer ist auf der Bühne? Hier tummeln sich mehr Schauspieler als Schauspielerinnen. Zwar gibt es Stücke wie „Die Glücksforscher“ und „Aus die Maus“, die je eine männliche und eine weibliche Hauptrolle haben, aber es gibt auch Stücke wie „Der dicke Sternschnuppe“ bei denen ein einzelner Junge die Hauptfigur ist und auch seine Begleiter männlich sind (selbst wenn die (der) Sternschnuppe von Schauspielerin Johanna Franke gespielt wird). Umgekehrt gibt es das nicht.

Doch nicht immer ist das Geschlecht der Figuren im Text festgeschrieben. Schimmelpfennig und Müller legen die Rollen ihrer Hauptfiguren nicht fest. Zwar werden dem Kind in die Biene im Kopf Gegenstände zugeschrieben, wie etwa Comicbücher, die mehr mit Jungen assoziiert werden, es gibt aber keinen zwingenden Grund, dies tatsächlich zu tun oder so zu inszenieren. Die Besetzung des Stücks mit drei männlichen Schauspielern hätte also auch ganz anders aussehen können. Zudem sind drei Männer mit Glatze genauso wenig ein Kind wie sie eine Frau sind. Warum der Sprung von Erwachsenem zu Kind leichter zu denken ist als der zwischen zwei Geschlechtern ist nicht ganz klar – gerade in einer Theatertradition, in der Jungen, z. B. Peter Pan, oft von Schauspielerinnen gespielt werden.

Offen angesprochen wurde die Problematik jedoch vor allem durch die Inszenierung von Dickhäuter, die auch von der Jury viel Lob für die Umsetzung dieses Themas erhielt. Darstellerin Oriana Schrage stellte im Publikumsgespräch die Frage, wie die Kinder die Hauptfigur Lou gesehen hätten. Für die meisten von ihnen war es kein Thema – Lou ist einfach Nashorn. Da sowohl Schrage als auch ihre Kollegen Romeo Meyer und Andi Peter verschiedene Rollen im Laufe des Stücks annahmen, kam es auch inszenatorisch nicht zu eindeutigen Zuschreibungen – etwas, das wir in Zukunft hoffentlich öfter sehen werden, gerne auch außerhalb der „KinderStücke“.