28. Mai 2018 •
Hallo Janna, vielen Dank, dass du Zeit für dieses Gespräch gefunden hast. Die Mülheimer Theatertage laufen nun schon seit zwei Wochen und sie gehen noch eine Woche. Wie geht es dir? Ist es schon etwas ruhiger für dich geworden?
Janna Röper: Es ist tatsächlich so, dass, die Zeit bevor die Stücke losgehen, die Hauptarbeitszeit ist. Da ist der größte Stress, neben der Zeit vor der Pressekonferenz, bei der die Auswahl bekannt gegeben wird. Doch wenn es einmal losgeht, dann geht es eigentlich vom Stressfaktor her. Die KinderStücke sind nochmal besonders schön, aber auch besonders anstrengend. Jeden Morgen zwei Vorstellungen, das ist hart. Aber wir hatten jetzt auch eine Woche mit gar keinen Vorstellungen, das ist... entspannt ist vielleicht übertrieben, aber dann hat man wieder ansatzweise normale Arbeitszeiten und kann einiges nacharbeiten. Aber ich muss sagen, ich freue mich wirklich, dass es heute Abend weitergeht.
Was ist dein Zwischenfazit nach zwei Wochen Festival?
Es ist extrem gut gelaufen, nichts Größeres ist schiefgegangen. Wenn ich darüber so nachdenke, könnte es einem Angst machen, was noch alles passieren könnte. Aber ich werte das mal als positiv.
Und was sind zurzeit deine Aufgaben?
Hauptsächlich Pressearbeit, es kommen nach wie vor Presseanfragen, immer wieder auch Interviewanfragen. Dann ist natürlich die Website zu aktualisieren, der Newsletter zu verschicken, ganz aktuell mussten wir natürlich auch einen EU-Datenschutz-Newsletter rausschicken. Gleichzeitig geht auch schon die Planung für 2019 los. Die Auswahljury liest schon und reist umher. Die Recherchearbeit geht auch schon weiter.
Was gibt es schon alles für 2019 zu tun? Schaut ihr nach der Jury?
Nach der Jury wird wirklich erst geschaut, wenn die Auswahl steht. Der Auswahlzeitraum für die Stücke geht von Mitte Februar dieses Jahres bis Mitte Februar nächsten Jahres. Seitdem sind schon sehr viele Uraufführungen gelaufen, hierüber erstellen wir eine Liste, gerade hilft mir Kristin Posekardt (aus dem Festivalbüro der KinderStücke, Anm. der Red.) dabei, wofür ich sehr dankbar bin. Wir schauen in den Premieren-Übersichten der „Theater heute“-Ausgaben, suchen auf den Theaterwebseiten, die meisten Spielzeitvorschauen sind schon raus, gucken auf den Seiten der Verlage und sammeln so alle Uraufführungen. Wir kümmern uns um die Texte, besorgen sie bei den Verlagen und Theatern. Das Auswahlgremium wird mit Texten versorgt und die Mitglieder lesen und reisen, um sich die Aufführungen anzuschauen. Die Zeit vor und nach dem Festival lässt sich in der Hinsicht schlecht trennen. Wenn die Pressekonferenz war, hat das Festival noch nicht mal angefangen und wir bereiten schon das nächste Jahr vor.
Du kümmerst dich auch um die Dramaturgie des Festivals, was bedeutet das genau, was ist da deine Aufgabe?
Die Festivaldramaturgie ist eine andere als die Produktionsdramaturgie am Theater. Ein großer Teil meiner Arbeit ist die Uraufführungsrecherche. Dazu kommen die ZwischenStücke, die organisiert und ausgewählt werden müssen. Das mache ich aber nicht alleine. Ich versuche, den großen Überblick zu behalten. Was passiert gerade an welcher Stelle. Es sind eben nicht nur die Theatertage, das ist zwar der größte Teil, aber dazu kommen die ZwischenStücke, Konzerte und Kindertheater. Die Fragen, die ich mir stelle, sind: Was wäre für die Presse interessant, wie kann man das eine mit dem anderen verbinden oder eben auch ganz neue Dinge entwickeln. Ich bin erst seit anderthalb Jahren dabei. Im ersten Jahr musste ich mich noch etwas zurechtfinden, die Abläufe kennenlernen, verstehen, wie es funktioniert. Das zweite Jahr ist… nicht einfacher, aber da kennt man schon das große Ganze, darauf kann man aufbauen.
Das ist dein zweites Festival in Mülheim. Was hat sich im Vergleich zum Vorjahr verändert?
Wir haben mit unserem Grafiker das Design ein wenig überarbeitet. Da kann man auch sicher noch weiterarbeiten. Außerdem haben wir in der Dezentrale die Stücke-Bar eingerichtet. Wir haben einen Ort vermisst, wo alle zusammenkommen. Also ihr Blogger:innen, wir vom Festivalteam, die Gasttheater, die Technik, das Publikum und so weiter. Wir hatten keinen Raum, wo man sich treffen und sprechen kann. Die Foyers in der Stadthalle sind zwar eine Art Festivalzentrum, das ist aber immer nur vor und nach der Veranstaltung geöffnet. Die Stücke-Bar ist ein Versuch, etwas Neues zu etablieren. Diese zwei Veränderungen, sind nach außen hin sichtbar. Es hat sich aber auch einiges geändert, das für die Festivalbesucher:innen nicht sicherbar ist – im Team hat sich einiges verändert. Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, wer welche Aufgaben am sinnvollsten übernehmen kann. Ein Festival besteht ja aus unglaublich vielen Details, die es ausmachen. Das geht bei der Beschilderung im Saal los, die nur wahrgenommen wird, wenn sie fehlt. Wir haben dieses Jahr unsere Stimmzettelboxen etwas anders gestaltet, es gibt die Drahtfiguren, die als Deko und gleichzeitig Info überall stehen, die Beutel sehen anders aus. Alles tausend kleine Sachen, mit denen man versucht, ein rundes Festival zu gestalten.
Wie wird die Stücke-Bar von den Leuten angenommen?
Wenn man nach der Vorstellung in der Stücke-Bar sitzt, ist es sehr schön und entspannt. Aber es ist noch etwas schwierig, alle dorthin zu locken.
Wollt ihr die Dezentrale denn auch für nächstes Jahr im Hinterkopf behalten?
Im Hinterkopf sicherlich. Während des Festivals kommen wir nicht dazu, etwas auszuwerten. Aber danach. Da setzt man sich zusammen und schaut, was gut und was weniger gut gelaufen ist.
Gibt es bisher Inszenierungen oder Stücke, die dir besonders gut gefallen haben?
Grundsätzlich gefallen haben mir tatsächlich alle drei. Ich glaube, thematisch beschäftigt mich „Homohalal“ am meisten, weil es einfach viele Anknüpfungspunkte zum Nachdenken bietet, sowohl die Inszenierung als auch der Text. Ich finde, allein durch das In-die-Zukunft-blicken fragt man sich natürlich, was ist dran, was nicht, wird das so? Mir hat der andere Blickpunkt auf die ganze Flüchtlingsdebatte gefallen, sie wird mit Humor behandelt, was, wie ich glaube, tatsächlich nur bei jemandem akzeptiert wird, der nicht von hier stammt.
Gab es in diesem Jahr etwas Besonderes bei der Auswahl der Stücke?
Es ist erst mein zweites Jahr, da blicke ich nicht auf eine jahrelange Erfahrung zurück. Im letzten Jahr war es auch eine gute Mischung von Mülheim-Debütant:innen und Autor:innen, die schon mehrmals nominiert waren. Was ich jetzt schön fand, ist die Nominierung von Ibrahim Amir. Im vergangenen Jahr war er bei der Übersetzerwerkstatt als Experte dabei. Er war bei der Podiumsdiskussion zu Gast und hat darüber gesprochen, wie es ist, in einer fremden Sprache zu schreiben. Auch hat er mit den Übersetzer:innen gearbeitet. Bei diesem Festival geht es um die Autor*innen, die auch in verschiedener Funktion wieder auftauchen können. Das hat mich besonders gefreut.
Warum werden zwei Stücke an zwei Tagen gezeigt, aber die anderen nur einmal?
Das ist eine Kapazitätsfrage. Also, ins Theater an der Ruhr passen ungefähr 170 Leute. Im Gegensatz zur Stadthalle ist es also ein kleiner Saal. Es lohnt sich nicht, ein Stück für nur 170 Leute zu zeigen, deswegen werden die Stücke im Theater an der Ruhr zweimal aufgeführt. Das hat nichts mit Gewichtung oder Ähnlichem zu tun. Es wäre gegenüber Stück und Autor:in unfair, es vor weniger Zuschauer:innen zu zeigen.
Was wünschst du dir für die weiteren Stücke-Festivals?
Ich wünsche mir, dass es weiter geht wie bisher, dass großartige Autor:innen, tolle Stücke und Theater nach Mülheim eingeladen werden. Es ist schön, auch zu sehen, wofür man arbeiten darf. Ich würde mir wünschen, dass das Festival in der Stadt so bekannt wird, wie es in der Theaterwelt bereits ist. Selbstverständlich kennen sehr viele Mülheimer die „Stücke“ und kommen zu den Vorstellungen, aber noch nicht alle. Das wäre wünschenswert und ist ein schönes Ziel.
Vielen Dank und viel Erfolg für die nächste Woche!