Ankommen in Mülheim


Kolumne

Vom Bahnhof sind es 278 Meter. Die Treppen, die zur Wohnung führen, erscheinen endlos, einmal herum und noch einmal und noch immer ist es die falsche Tür und jedes Mal denkt man, man sei nun am Ziel, doch am Treppenabsatz beginnen nach drei Schritten die nächsten Stufen und so geht es weiter bis dann doch die Tür offen steht und dahinter Menschen an zusammengeschobenen Tischen sitzen. In einer sonst spärlich eingerichteten Küche, dahinter der geräumige Flur und dann jede Menge Schlafzimmer, genug um eine ganze Gruppe unterzubringen.

Ein unsicherer Moment der erwartungsvollen Stille. Wir decken den Tisch und kommen ins Gespräch. Wir öffnen eine Flasche Wein, füttern den Kühlschrank mit Gemüse, Bier und Aufstrich. Erdnussschälchen kommen in die Tischmitte. Die Fenster sind offen, sie geben den Blick frei auf einen lebendig-grauen Innenhof unter blau-goldenem Himmel. Er verdunkelt sich und der Innenhof wird zum Theater der Realität. Im Licht der Laterne stehen einige Jugendliche beisammen und rauchen, im ersten Stock nehmen sich zwei junge Frauen in den Arm und küssen sich, zwei Stockwerke darüber steht ein Mann mit Pfanne in der Hand am Herd, im Nachbarzimmer schaut jemand fern. Direkt darüber wird der Vorhang zugezogen.

Sechs Teelichter stehen provisorisch auf einem Dekotablett. Wie wir heißen, woher wir kommen, wie wir mit Theater in Berührung gekommen sind, was uns dort behalten hat. Lachen, Stille, Nachdenken, gegenseitige Begeisterung. Wir unterhalten uns über ausgelutschte Themen, weil sie doch schließlich nicht grundlos ausgelutscht sind und freuen uns auf das, was uns erwartet.