Stücke 2014
Wolfram Höll legt Erinnerungsspuren in den Kopf eines vielleicht sechs- bis achtjährigen Kindes, das Mitte der Neunziger in irgendeiner Plattenbausiedlung ohne Mutter mit seinem überforderten alleinerziehenden Vater gelebt haben muss. Solche Lebensrahmen-Details muss man sich im Text allerdings erst erschließen, denn Und dann kennt nur eine Perspektive: die eines Jungen, der sich seine fremde, neu/alte Umgebung erklären will und die vielen Einzeleindrücke, aus denen sich kein rechtes Sinngebäude ergeben will, mit einem unablässigen „und dann“ aneinander klebt. Eine wackelige, lückenhafte Welt entsteht aus langen eintönigen Tagen, verblassenden Erinnerungsresten, täglichen Routinen und zuweilen rätselhaftem Vaterverhalten.
Da gibt es die seltsamen Steine vor dem sonst so rechteckigen Plattenbau; den Vater, der tagelang in seinem Zimmer verschwindet und an einem alten Funkgerät oder Filmprojektor bastelt; Ausflüge in die nahe Stadt mit einer großen Straße, auf der früher einmal im Jahr die Panzer fuhren und jetzt die neuen Autos. Dazwischen blitzen Erinnerungen an die Mutter, die unverständlicherweise nicht mehr da ist, an Schlafengehen- und Aufstehenmüssen. Phrasen wiederholen sich und spalten sich auf in verschiedene Tonspuren eines inneren Monologs, in Erzählschübe und -Blockaden, in Ungeduld, Langeweile, Staunen und Nachdenken. Am Ende weiß man alles über diesen kleinen Menschen, ohne dass man deshalb mehr über ihn erfahren hätte als er von sich selber auch nicht weiß.
Franz Wille
Mit: Daniela Keckeis, Wenzel Banneyer, Heiner Kock, Markus Lerch
Regie: Claudia Bauer
Licht: Veit-Rüdiger Griess
Bühne und Kostüme: Andreas Auerbach
Musik: Peer Baierlein
Dramaturgie: Esther Holland-Merten und Matthias Huber