„Wir sind die Autoren"


Kritik

Das Stück, mit dem Sie hier beim „Stücke“-Festival sind, „Empire“ ist sehr persönlich.

Maia Morgenstern: Ja, das war das Konzept, ich wurde eingeladen. Milo Rau hat mir um diese Zeit letztes Jahr gesagt, lass uns ein Stück machen über das Leben, Familie, Geschichte und Familiengeschichte. Ich habe zugesagt.

Sie waren mit der Produktion schon an vielen Orten.

Ja, und wir führen es so auf, wie es ist. So weit ich weiß, mögen die Leute die Aufführung sehr. Wir werden auf viele Festivals eingeladen. Das ist schön.

Fühlt es sich mittlerweile anders an, das Stück zu spielen, als am Anfang?

Nein, überhaupt nicht. Wir haben entschieden, wie wir proben, wie es sein soll. Ab und zu war ich traurig, weil es natürlich viele, viele Tage des Redens und Erzählens gab und am Ende dann doch der Regisseur entscheidet, welche Teile bleiben und welche nicht. Also gab es Momente der Traurigkeit.

Die Produktion war noch nicht in Rumänien. Würden Sie „Empire“ gerne dort spielen?

Nein, nein. Ich denke nicht.

Haben Sie schon mal auf ähnliche Weise gearbeitet?

Nein, für mich war es das erste Mal, so zu arbeiten, mit einem solchen Konzept. Es ist interessant, weil man für Film und Theater gleichzeitig spielt. Wir stehen vor dem Publikum in Farbe, aber wir auf dem Bildschirm sind wir in Schwarz-Weiß zu sehen. Das Licht ist auch sehr wichtig.

Sie sind die einzige der Schauspieler, die immer vor und nie hinter der Kamera ist. Gibt es dafür einen Grund?

Das war die Entscheidung des Regisseurs.

Das „Stücke“-Festival ist dem Theatertext verpflichtet. Der Preis geht an den Autor. Wie sehen Sie die Autorschaft in „Empire“?

In gewisser Weise sind wir die Autoren unserer Geschichten und unserer Leben. Daher fühle ich mich wie eine Autorin. Wir sprechen Rumänisch, Griechisch, Arabisch und Kurdisch – also ja, wir sind die Autoren des Stücks. Was vorne drauf steht, ist egal.

Gestern, während des Publikumsgesprächs, wurde über die Möglichkeit einer Neuinszenierung mit anderen Schauspielern gesprochen.

Die Frage ist zu kompliziert und betrifft nicht nur den Text, sondern den ganzen Entstehungsprozess, aber ich würde tendenziell sagen, dass das nicht geht.

Am Mittwoch sind Sie nach fünf Jahren als Leiterin des Staatlichen Jüdischen Theaters in Bukarest zurückgetreten. Warum? Und was waren Ihre Ziele während Ihrer Zeit dort, von der sie ja auch in „Empire“ erzählen?

Ich werde nicht über die Gründe sprechen. Mein Ziel war, das Theater wiederaufzubauen und zu rekonstruieren, aber vor allem die jiddische Tradition am Leben zu halten und zu versuchen, das Staatliche Jüdische Theater in Bukarest zum Zentrum für jiddische Kultur zu machen. Ich habe zum Beispiel das Internationale Jiddische Festival gegründet. Gleichzeitig versuchte ich, die Öffentlichkeit zurück ins Theater zu holen und interessante Aufführungen zu produzieren, um zu beweisen, dass jiddische Kultur Teil der rumänischen und europäischen Kultur ist, und dass es eine reichhaltige Kultur ist. Das war mein Ziel, und ich habe es erreicht.

Sie haben auch versucht, ein nicht-jüdisches Publikum ins Theater zu bringen.

Absolut, ein großer Teil des Publikums ist nicht jüdisch. Theater ist eine Plattform und das sollte es auch sein. Es ist ein öffentliches Theater, eine öffentliche Institution. Es könnte sogar noch interessanter für eine nicht-jüdische Person sein, diese reichhaltige Kultur voller Energie und Freude und Leben zu entdecken.

Wie ist das Verhältnis von Religion und Theater?

Ich weiß nichts über Religion. Ich bin nicht gelehrt in Religion, aber in Tradition, in Sprache und in Kultur. Ich habe versucht, alles zu lernen, und ich habe andere Leute eingeladen, um zu lernen, zu entdecken. Wir hatten ein Programm, um jüdische Traditionen durch theatrale Methoden zu präsentieren und durch Musik und Tanz. Es war für alle offen. Es ist nicht religiös, aber wir halten unsere Traditionen am Leben.

Rumänisch ist natürlich Ihre Muttersprache. Sie spielen in „Empire“ auf Rumänisch und Sie haben Jiddisch erst für das Jüdische Staatliche Theater gelernt.

Ja, natürlich. Aber am Jüdischen Staatlichen Theater spielen wir auch auf Rumänisch, über jüdisches Leben oder historische, soziale Aspekte oder Transformation – etwas, das mit jüdischer Existenz zu tun hat, aber auf Rumänisch.

Wird Ihre Arbeit davon beeinflusst, dass Sie eine jüdische Frau sind?

Ich arbeite, so gut ich kann, und versuche, meine Arbeit zu verbessern. Feminismus ist nicht auf meiner Agenda, aber ich merke, dass es ein Thema ist. Nicht, weil es jetzt Mode wäre, zu kämpfen oder nicht zu kämpfen, zu verteidigen oder eine Opferrolle einzunehmen. Ich weiß es nicht genau, aber wahrscheinlich (beeinflusst es mich) schon. Ich bin in eine Familie geboren worden und aufgewachsen, in der galt, dass wir alle gleich und Menschen sind. Mutter und Vater, Frau und Mann. Ich merke, dass es da dieses Problem gibt in unserer Welt. Ich habe es schon erlebt, das jemand sagt: „Was weiß die schon, das ist eine Frau“. Aber Feminismus ist nicht auf meiner Agenda.

Glauben Sie, dass das Jüdisch- und das Frausein Ihnen einen anderen Status innerhalb der Institution des Staatstheaters geben?

Wahrscheinlich, ich bin seit ich achtzehn bin am Jüdischen Theater. Auf einer Seite, ja: Sie ist jüdisch, sie ist eine Frau, natürlich ist sie da (am Jüdischen Staatstheater). Von Zeit zu Zeit fühle ich mich damit etwas unwohl. Es ist egal, ob ich eine gute oder schlechte Managerin bin – lasst sie da sein, denn sie ist Jüdin. Aber ich habe mich bemüht und ich habe erfolgreich Dinge getan.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Schauspielerin zu sein.