Stücke 2012
René Pollesch ist das Perpetuum mobile des deutschen Theaters. Er schreibt und inszeniert ununterbrochen Stücke, wobei er aus der permanenten Produktion schier unerschöpfliche Energie zu gewinnen scheint. Zentrales Thema seines Werks ist die Liebe in Zeiten des Kapitalismus; lange hat Pollesch das nicht mehr so konzentriert und so sinnlich erfahrbar gemacht wie in Kill your darlings!. Der Bezugsrahmen, in den der Autor seine Texte gern stellt, ist diesmal keine Boulevardkomödie oder Filmklassiker, sondern ein Lied: Der Untertitel Streets of Berladelphia verweist auf Bruce Springsteen.
Das Stück ist, wenn man so will, ein langer Song, ein dramatisches Gedicht. Der fabelhafte Fabian Hinrichs ist der einzige Schauspieler der an Polleschs Stammhaus, der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, produzierten Aufführung. Mit Hinrichs sind „die 15 besten Turner Berlins“ auf der Bühne. Diese stellen das kapitalistische Netzwerk (im Unterschied zum linken Kollektiv) dar, und Pollesch demonstriert an diesen begnadeten Körpern sehr anschaulich, wie das mit dem „Mehrwert“ funktioniert.
Verschiedene Zitate (etwa ein Mutter-Courage-Planwagen auf der Bühne) verweisen auf einen älteren Spezialisten für Geld und Liebe, Bertolt Brecht.
„Das haben wir nicht für euch gemacht, sondern für uns“, sagt Hinrichs am Ende im Sinne von Brechts Lehrstück-Theorie.
Solange wir dabei zuschauen dürfen, soll es uns recht sein.
Wolfgang Kralicek
Mit Fabian Hinrichs
Chor: Eduard Anselm, Johanna Berger, Christin Fust, Hannes Hirsch, Emma Laule, Ronny Lorenz, Martina Marti, Fynn Neb, Rudolph Perry, Simone Riccio, Nicola Rietmann, Paula Schöne, Anna Smith, Lukas Vernaldi, Claudia Vila Peremiquel
Regie: René Pollesch
Bühne und Kostüme: Bert Neumann
Licht: Frank Novak
Dramaturgie: Henning Nass
Das Stück konnte nicht gezeigt werden und war deshalb nicht Bestandteil des Wettbewerbs.
Eine Produktion der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin im Rahmen der Theaterpartnerschaft mit dem Teatro Stabile di Torino „Fatzer geht über die Alpen“, gefördert im Fonds Wanderlust durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit besonderem Dank an Die Etage, Schule für die Darstellenden Künste e.V.