Lieblingsmenschen

Szene aus Lieblingsmenschen von Laura de Weck
Theater Basel


Stücke 08

 

Man kann die Anwälte für ein gutes Deutsch laut aufstöhnen hören. SMS-Verkehr als preiswürdige Bühnensprache? Das darf doch nicht wahr sein. Diese Inflation banalster Botschaften und alberner Kürzel von irgendwelchen Daumenlegasthenikern ist doch nun wirklich keine Kunst. Doch Laura de Weck, selbst Mitglied der virtuellen Jugend, zeigt in ihrem Stück Lieblingsmenschen, wie die Leichtigkeit dieser Kommunikation zu einer Leichtfertigkeit in den Beziehungen führt, und findet darin Wesentliches über zeitgenössische Umgangsformen. Einige Studenten, emsig bedacht auf ihre egoistischen Ziele, nutzen den Short Message Service für neue Wege der gegenseitigen Beschämung und der Intrige. Aus dem digitalen Gestammel wird eine emotionale Distanzwaffe. Aber die Verrohung lässt sich nicht in die Parallelwelt verbannen. Die Konsequenzen der Verletzungen spielen sich immer noch in der materiellen Welt ab, der Schmerz ist kein binärer Code. In rasanten Gegenschnitten zwischen SMS-Salven und konkreter Konfrontation zeigt de Weck die gnadenlose Konkurrenzsituation im Kampf um die besten Ficks, die geilsten Parties, um Coolness und Leistungsnachweise. Die SMS als konkrete Poesie eines kapitalistischen Entfremdungsdramas nutzt Regie-Altmeister Werner Düggelin in der Basler Uraufführungs-Inszenierung zu einer bösen Farce über die Schnell-lebigkeit, vermeidet aber weise pauschale Urteile über die neuen Unterhaltungsrealitäten.
Till Briegleb

 

Uraufführung: 
29.3.2007

 

Mit: Katharina Schmidt, Inga Eickemeier, Sandro Tajouri, Anne Schäfer, Jan Bluthardt

Regie: Werner Düggelin
Bühne: Raimund Bauer
Kostüme: Francesca Merz