Der Freak und die Entenküken


Gespräch

„Das ist doch Quatsch“ hört man gleich nach fünf Minuten eine alte Dame aus den hinteren Reihen leise murren, die daraufhin zielstrebig den Raum verlässt. Clemens J. Setz ist gerade dabei, die Entstehungsprozesse seiner poetischen Texte zu erläutern. Man müsse sich klarmachen, dass Poesie nicht die Frucht der Ruhe und einer unbeschadeten Existenz sei, vielmehr entstehe sie aus Problemen heraus. Mit einer vergnüglichen Anekdote über Entenküken, die auf einen Roboter konditioniert sind und diesen durch ihr Piepsen anlocken, erklärt er weiter, wie sich der Autor und die Figuren seiner Texte zueinander verhalten. Der Autor rufe lediglich nach seinen Figuren und solle diese danach sich selbst überlassen, sie würden sich dann von selbst weiterentwickeln. „Sobald man eingreift, erschießt man die Figur und sie wird langweilig.“

Moderator Michael Laages findet die Geschichte interessant, weitere Kommentare fallen niemandem ein. Während die Schauspieler auf dem Podium intensiv über ihre persönlichen Social media-Erfahrungen berichten, ist Clemens J. Setz verstummt. Man wird das Gefühl nicht los, dass das ganze Ensemble sich auf gewisse Punkte im Stück fokussiert, während der Autor tiefer geht und differenzierte mögliche Lesarten des Textes vorschlägt. Dieser erzählt lieber davon, dass viele Menschen ihn für einen Freak halten. Doch das sei er mittlerweile gewöhnt. Setz macht deutlich, dass es immer auf den Standpunkt ankommt, von dem man etwas bewertet. „Ich finde die Welt und die Menschen in ihr viel gruseliger als mein Stück“, erklärt er. „Nehmen wir zum Beispiel das Theatercasting. Da stehen Mädchen auf der Bühne, die nacheinander aussortiert werden. Stellen wir uns mal vor, ein Theatercasting gäbe es in der realen Welt noch nicht, ich hätte mir das Konzept ausgedacht. Dann hätten mich auch alle für einen Freak gehalten.“ Setz selbst versteht sein Stück übrigens als Komödie. Wenn auch nicht im klassischen Sinne.