Stücke 2017
Vier Schauspieler denken in Milo Raus Empire über die Dialektik von Wirklichkeit und Kunst nach: Akillas Karazissis wuchs zur Zeit der griechischen Militärjunta in Thessaloniki auf, bevor er 1975 zum Studium nach „Fassbinderdeutschland“ kam. Maia Morgenstern – Leiterin des Jüdischen Theaters Bukarest – erinnert sich an die Demonstrationen gegen die Ceaușescu-Diktatur Ende 1989. Auch der syrische Schauspieler Rami Khalaf beteiligte sich, 22 Jahre später, in seiner Heimat an Demonstrationen – gegen das Assad-Regime. Und der Kurde Ramo Ali wurde monatelang in einem von Assads berüchtigten Foltergefängnissen in Palmyra verhört, bevor er nach Deutschland flüchtete.
Im dritten und letzten Teil seiner „Europa-Trilogie“ verdichtet der Mülheim-Debütant Milo Rau nicht nur individuelle Biografien zu einem übergreifenden Geschichtspanorama und spiegelt die geschickt komponierten Umbruchs-, Flucht-, Vertreibungs- und Exilerzählungen der Bühnenakteure in strukturell vergleichbaren Erfahrungen der Eltern- beziehungsweise Großelterngeneration. Sondern indem die Darsteller zudem abendfüllend mit dem Verhältnis zwischen der eigenen Biografie und ihren jeweiligen Bühnenrollen spielen, reflektieren sie auch über das Medium Theater: über Repräsentation, Authentizität, echte und falsche Tränen und die Grenzen der Darstellbarkeit.
Christine Wahl
Mit: Ramo Ali, Akillas Karazissis, Rami Khalaf, Maia Morgenstern
Konzept/Text/Regie: Milo Rau
Musik: Eleni Karaindrou
Dramaturgie/Recherche: Stefan Bläske, Mirjam Knapp
Bühne/Kostüme: Anton Lukas
Video: Marc Stephan
Ton/Sounddesign: Jens Baudisch
Technik: Aymrik Pech
Produktionsleitung: Mascha Euchner-Martinez, Eva-Karen Tittmann
In arabischer, griechischer, kurdischer und rumänischer Sprache mit deutschen Untertiteln