Wolkenlos mittendrin


Kolumne

Sonntag, 8.5. Blau. Der Himmel ist blau. Kein einziger weißer Wolkenschleier ist zu sehen. Eine glänzend blaue Landschaft, 26°C, wolkenlos. So eintönig wie da oben geht es hier unten nicht zu, ganz im Gegenteil: Auf der kleinen Bühne der Mülheimer Stücketage werden Stephanie Steinberg und Mareike Theile von zwei Festival-Bloggerinnen interviewt.

Das heimliche Theater findet vor der Bühne statt – im gemächlich vor sich hin trabenden Fußgängerdschungel. Zum Stadtfest „Mülheim Mittendrin“ haben sich die Menschen zurechtgemacht. Sie haben sich vorbereitet. Vor unseren Augen findet ein Schaulaufen der ganz besonderen Art statt. Endlich ist wieder Sommer, endlich ist wieder T-Shirt-Saison.

Gerade laufen sie an mir vorbei:
Weiße Lettern auf schwarzem Hintergrund: „Gemeinsam sind wir Energie“.
Weiße Lettern auf rotem Hintergrund: „Ketchup“. 
Weiße Lettern auf bordeauxrotem Hintergrund: „Dream Detlevs Dream“.

Ein Trio schwarz-weiß gekleideter Herren zieht gemütlich durch die Fußgängerzone und singt in pathetischem Country-Stil „Don‘t bring me down“, dicht gefolgt von einer schunkelfreudigen Menschenmenge. Neben „Malibu“ (grüne Lettern auf gelbem Hintergrund) läuft „Surf‘Em All“ (blaue Lettern auf orangenfarbenem Hintergrund). 

Ein Spaghettiträger. Oben: „Land of the Free“, dazwischen die USA Flagge, darunter: „Old Navy“.
Ein graues Feinrippunterhemd. Überschrift: „Yakuza“. Untertitel: „Unbreakable“. 
Ein enges T-Shirt, darunter gestählte Manneskraft. Überschrift: „Mind your head“.
Grasgrüne Lettern auf schwarzem Hintergrund: „Wir alle sind Mülheim“.

Auf der Bühne wird immer noch gesprochen. Ruhig wird es hier nicht. Die nächsten Vertreter der Vielfalt sind schon im Anmarsch. Wer braucht da noch Wolken?