Zweite allgemeine Verunsicherung

Felicia Zeller: Zweite allgemeine Verunsicherung, Schauspiel Frankfurt / Foto: Birgit Hupfeld
Schauspiel Frankfurt

1 Stunde 30 Minuten



Stücke 2016


Wenn sich Felicia Zeller in früheren Stücken bestimmte soziale Milieus oder Berufsstände (Kaspar Häuser Meer (2008), X-Freunde (2013), Wunsch und Wunder (2015)) vorgenommen hat, um das je Spezifische und gerade dadurch über sich Hinausweisende auszustellen und in die Absurdität zu führen, schaut sie in ihrem neuen Stück auf die Gesellschaft als solche: Zweite allgemeine Verunsicherung stellt einen sozialen Zustand zur Schau. Und die Situation scheint ausweglos.
Drei Verortungen benennt die Autorin für ihre Recherche: den roten Teppich, das Theater und das Hinterzimmer. Protagonistin ist dabei eine Sprache, die sich die Dynamiken einer neurotischen Gesellschaft  längst einverleibt hat. Da versagen alle Selbstvergewisserungen, da ist selbst eine Entschuldigung keine Irritation mehr, da wird jeder Auftritt von den immer gleichen Automatismen angetrieben: die Performance der Wiederholung der Wiederholung des Scheiterns. Selbst die Hauptreferentin der 22. Bottroper Power-Tage, die sich der positiven Betrachtung der Entwicklung unserer Welt widmen will, verheddert sich in kürzester Zeit in einem Strudel aus Selbstzweifeln und gekränkter Hoffnungslosigkeit.
Die Regisseurin Johanna Wehner verteilt Zellers grandiose Textfläche in der Frankfurter Uraufführung auf zwei Schauspielerinnen und drei Schauspieler. Opulent kostümiert verkörpern sie in einer apokalyptischen Vorhölle Zombies einer narzisstisch ernsthaft angeschlagenen Gesellschaft.
Dagmar Walser
 

Uraufführung: 
19.2.2016


Mit: Constanze Becker, Verena Bukal, Vincent Glander, Martin Rentzsch, Till Weinheimer

Regie: Johanna Wehner
Bühne: Volker Hintermeier
Kostüm: Ellen Hofmann
Musik: Joachim Schönecker
Dramaturgie: Henrieke Beuthner
 

Stückabdruck: 
Theater heute 2/2016