Stücke 2019
Könnte schon sein, dass Menschen am Ende ihrer Erwerbsbiografie künftig in einem Orwell-Sanatorium landen und dort auf Roboter treffen, die sie herzhaft zu Tode gängeln. Bei Sibylle Berg jedenfalls ist das so. Sie versammelt Restexemplare der dereinst so stolzen Spezies Mensch in einem Restlager für störanfälliges Material. Überwacht werden sie von menschenähnlichen Maschinen, die auf keinen Fall sehr intelligent sein sollen. Gemein und böse wie richtige Menschen können sie aber schon sein. Beschwert eines der Menschlein sich über zu wenig Schlaf, antwortet eine der Überwachungsmaschinen: „Wir können Ihnen am Nachmittag noch zwei Minuten für ein Nachschlummern einräumen.“
In Ersan Mondtags Kölner Uraufführung ruckeln fünf Roboterwesen über die Bühne. Sie signalisieren: So was wie Dienstleistungs-Emphase ist uns völlig fremd. Auf Seiten des Homo Sapiens sind zwei Exemplare übrig geblieben. Kate Strong übernimmt den Part einer rebellischen Rentnerin, die jede sich bietende Gelegenheit für eine ihrer kleinen Fluchten nutzt. Bruno Cathomas dagegen ist ein Dandy alter Schule, der sich das alles ansieht und insgeheim wohl denkt: Muss ich mir eigentlich nicht antun, diesen ganzen Affenzirkus! Natürlich irrt er. Mondtags finalem Museum der Menschheit entkommt keiner.
Jürgen Berger
Mit: Bruno Cathomas, Kate Strong und Sophia Burtscher, Jonas Grundner-Culemann, Elias Reichert, Sylvana Seddig, Nikolay Sidorenko (Chor) sowie der Statisterie des Schauspiel Köln
Regie und Bühne: Ersan Mondtag
Kostüme: Josa Marx
Musik: Beni Brachtel
Licht: Rainer Casper, Michael Frank
Dramaturgie: Sibylle Dudek