Stücke 2018
Rechts unten eröffnet eine Frau ihrem Mann nach einem alkoholseligen Abend, dass er nicht der leibliche Vater der gemeinsamen Tochter ist. Links oben werden Scheidungspapiere unterzeichnet, und im Zwischengeschoss wirft eine polyamouröse Beziehungspraktikerin ihrem Partner vor, seine Tinder-Fremdgänge zu vernachlässigen. Es ist – kurzum – das geballte Beziehungsunglück des 21. Jahrhunderts, das sich in Simon Stones Hotel Strindberg eingemietet hat. Auf drei Etagen laufen die pointierten Ehetragikomödien, die sich teilweise auch aufeinander beziehen, abendfüllend simultan ab: eine logistische, dramaturgische und im Übrigen absolut netflixsprachtaugliche Meisterleistung!
Doch obwohl hier überall gefacetimet, gewhatsappt und gefeedbackt wird, als sei die Hotelbelegschaft tatsächlich einem US-amerikanischen Serienhit entstiegen, entstammen ihre Zankäpfel dem (vor)letzten Jahrhundert. Der Mülheim-Debütant Stone hat sich umfassend von August Strindberg inspirieren lassen und springt weniger handlungslinear als vielmehr motivweise, praktisch von Zimmer zu Zimmer, aus verschiedenen Perspektiven durch dessen Werkkosmos.
Simon Stone, dem Autor und Regisseur in Personalunion, ist hier eine wirklich beispielhaft gegenwartstaugliche Überschreibung gelungen: Bingewatching in Bestform!
Christine Wahl
Das Auswahlgremium hat Simon Stone mit seinem Stück Hotel Strindberg für die „Stücke 2018“ nominiert. Die Inszenierung des Burgtheater Wien / Theater Basel kann aus technischen Gründen jedoch nicht in Mülheim gezeigt werden, das Bühnenbild ist nicht adaptierbar. Eine Teilnahme am Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikerpreis 2018 ist deshalb leider nicht möglich.
Sollte es eine Nachinszenierung von Hotel Strindberg geben, besteht für Simon Stone die Möglichkeit, mit dieser bei den „Stücken 2019“ vertreten zu sein.