"Das Vase dann wohl"


Kritik

Am gestrigen Nachmittag wurden die KinderStücke der Mülheimer Theatertage mit einem Empfang und der Inszenierung von Marc Beckers „Der Hase in der Vase“ eröffnet. Passend sind die Tische im und vor dem Theater an der Ruhr mit Karotten in Vasen dekoriert. Im Foyer macht eine Ausstellung von Kunstprojekten einer Grundschulklasse Lust auf die kommenden Stücke. Und für Unterhaltung zwischendurch sorgt der Magier Jesse Albert, der mit seinen Zauber- und Kartentricks Kinder und Erwachsene verblüfft. Die Idee zu „Der Hase in der Vase“ stammt von Marc Becker und Dramaturg Matthias Grön. Die Regie, die ebenfalls Marc Becker übernimmt, macht diesen besonderen Text zu einer unterhaltenden Inszenierung.

Schon vor der Inszenierung beugen sich die Kinder gespannt vor und kommentieren das Bühnenbild (Sandra Münchow), das aus schwarzen Wänden, weißen Vasen und dem ein oder anderen Stuhl an der Wand besteht. Die Vasen fallen den Kindern direkt auf, auch sie fragen sich vermutlich, ob sich darin ein Hase befindet. Zunächst kann man sich die Frage stellen, ob die Bühne nicht ein wenig zu unspektakulär gestaltet ist, bei einem Kinderstück denken die meisten wahrscheinlich zuerst an grelle Farben und viele witzige Requisiten. Doch gerade durch die gedeckten Farben und die wenigen Requisiten kommt die Komik des Textes und der Schauspieler*innen noch mehr zum Vorschein. Es gibt nichts, was das Publikum vom Geschehen ablenken könnte, bis auf die Vasen, die im Laufe der Vorstellung sogar immer mehr werden. Doch das trägt auch nur zum Humor der Inszenierung bei. Die Kostüme, die auch von Sandra Münchow gestaltet wurden, scheinen beim ersten Hinsehen genauso unscheinbar zu sein wie das Bühnenbild, doch auch hier versteckt sich die Komik in den Details. Die Frau trägt einen kleinen Schnurrbart und der Mann ist nach einer Weile plötzlich genauso gekleidet wie die Frau, bis hin zur Frisur. Die Gestaltung von Bühnenbild und Kostümen haben in dieser Inszenierung gut funktioniert.

Doch zurück zum Anfang der Inszenierung. Über den Zuschauerraum betritt der Feuerwehrmann, gespielt von Klaas Schramm, die Bühne und erklärt dem Publikum, dass die Inszenierung leider ausfallen muss. Dieser Einstieg zeugt direkt von der humoristischen Färbung des Textes und führt bei manchen Kindern zu besorgtem Nachfragen. Ein Kind steht spontan auf und läuft durch den Zuschauerraum. Schramm improvisiert prompt, pausiert seinen Vortrag, sieht dem Kind hinterher und leuchtet es mit seiner Taschenlampe an. Dieser Moment sorgt für das erste große Lachen im Saal, nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei den anwesenden Erwachsenen. Schnell wird klar, dass viel Humor des Stücks daherkommt, dass einiges schiefgeht: Der Stuhl bricht oder ist zu klein, der Hut fällt und plötzlich hat Schramm einen Fisch in der Hand. Die Reaktionen im Publikum sind euphorisch. Die Kinder lachen und rufen dazwischen, was nur noch mehr Lachen zur Folge hat.

Wer ruft eigentlich immer an?

Nach dem Feuerwehrmann betreten dann auch nacheinander die beiden anderen Protagonist*innen, gespielt von Rebecca Seidel und Darios Vaysi, die Bühne. Beide tragen Anzüge und, genau wie der Feuerwehrmann vor ihnen, eine schwarze Tasche unter dem Arm. Sie stolpern und hetzen regelrecht in die Szene und sorgen allein durch ihren Auftritt fürs nächste Lachen im Saal. Die drei beginnen ein skurriles Zusammenspiel. Die Hauptfrage scheint klar zu sein: Was ist mit dem Hasen in der Vase? Doch während sie dieser Frage auf den Grund gehen, tun sich noch weitere auf: Was ist am Boden der Tasche? Wer ruft die ganze Zeit an? Nicht jede dieser Fragen wird am Ende beantwortet sein. Doch darum geht es auch gar nicht. Das Programmheft des Abends schreibt, dass in diesem Stück Erwachsene ihre Kindlichkeit wiederentdecken. Diese Interpretation wird schon durch die Darstellung des Wirbelsturms aus der Tasche deutlich. Da wird auf große Spezialeffekte verzichtet und stattdessen beobachten wir drei Erwachsene beim Kinderspiel: Sie wirbeln ihre Körper umher, laufen gegeneinander und hinterlassen ein regelrechtes Chaos auf der Bühne. Auch weitere surreale Szenen brechen die sowieso schon absurde Situation, wie zum Beispiel die, als alles dunkel wird und nur noch zwei weiße Hände zu sehen sind, die scheinbar ein stummes Streitgespräch führen.

Ein besonderer Moment ist, als zum ersten Mal mit der Nebelmaschine gearbeitet wird. Langsam arbeitet sich der Nebel von der Bühne in den Zuschauerraum vor. Einer nach dem anderen im Publikum streckt seine oder ihre Hände in die Höhe, um, wie der Feuerwehrmann zuvor, nach dem Nebel zu greifen. Dies lässt die Kinder zu einem Teil der Inszenierung werden. Sie werden sogar gegen Ende Teil des Dialogs, als sie gefragt werden, wie denn noch mal der Titel des Stückes sei. All das schafft eine Nähe zu den Schauspieler*innen und der Inszenierung, die eben diese noch mal besonderer macht.

Die Eröffnung ist gelungen: ein schöner Nachmittag gefüllt von Kichern und Lachen bei Groß und Klein und einer einzigartigen Inszenierung mit tollen Schauspieler*innen. Um bei den Worten des Feuerwehrmanns zu bleiben: „Das Vase dann wohl“ die Kritik.