+++ Die 50. Mülheimer Theatertage finden vom 10. – 31. Mai 2025 statt. +++

Das Blog-Team hat entschieden


Gespräch

Kurz bevor die Stücke-Jury tagt, entscheiden sich die Blogger:innen von A bis Z wie folgt:

Maike Grabow - Kricheldorf/Milisavljevic

„Fräulein Agnes“ von Rebekka Kricheldorf setzt mit einem starken Monolog ein. Und diese direkten, oftmals polemischen, aber auch tiefgründigen Worte ziehen sich durch das Stück und immer wieder taucht die diskutierbare Frage nach Wahrheit und Heuchelei auf.

In der Inszenierung von „Beben“ von Maria Milisavljevic sucht das Wir seine eigene Individualität, aber auch seinen Platz in der Gesellschaft. Was ist Realität und was Fiktion? Unterstützt vom Text wird der Körper der Performer:innen zum Symbol der Ohnmacht und des Falls.

 

Madita Grundmann - Palmetshofer/Jelinek

„Vor Sonnenaufgang“ als bester Stücketext, weil Alfred Loth so treffend ausgedrückt, dass wir alle nur ein "Provisorium" sind und sich damit in meinem Kopf festgesetzt hat.

„Am Königsweg“ als beste Umsetzung ihrer Stückvorlage dank der abgerundeten Spannung, die zwischen dem Eigenleben der Inszenierung und der Eigensinnigkeit des Textes besteht.

 

Marie Lemser - Melle/Jelinek

„Versetzung“ von Thomas Melle ist mein favorisiertes Stück, weil es in einem subtilen und doch schroffen Bogen das reziproke Verhältnis zwischen Gesellschaft und „Krankheit“ auslotet.

Die beste Inszenierung war „Am Königsweg“ von Falk Richter, da sie Grenzen überschreitet: zwischen Sprechpositionen, zur flüchtigen Performance, zur Überforderung. Und damit im Sinne des Textes über ihn hinausgeht.

 

Eva Mainusch - Palmetshofer/Milisavljevic

Palmetshofer macht bei oberflächlicher Simplizität komplexe Themen auf und komponiert so schön formulierte Dialoge mit ergreifendem Ende.

„Beben“ ist starke Konkurrenz, entfaltet aber erst durch die Inszenierung seine enorme Kraft. Zugabe!

 

Lisa Oppermann - Milisavljevic/Köck

„Beben“ zeichnet in einer dichten, dynamischen Sprache, die zwischen Slang und Poesie kunstvoll variiert, ein unfassendes, schockierendes Bild unserer Gesellschaft zwischen brutalem Elend und gleichgültiger Wohlstandsgesellschaft.

Die Inszenierung von „paradies spielen“ bringt ihren komplexen Text am kreativsten in starken, die Sprache ergänzenden Bildern auf die Bühne.

 

Anton Vichrov - Palmetshofer/Melle

Mich überzeugt Ewald Palmetshofers „Vor Sonnenaufgang" vor allem dadurch, dass es das unbequeme Gefühl der Entfremdung der Gesellschaft durch kluge Wortkargheit beschreiben kann. Denn manchmal ist man heutzutage einfach sprachlos. 

In der Inszenierung von Thomas Melles „Versetzung" beeindruckt mich Daniel Hoevels Schauspiel des Charakters Ronald Rupp. Alle Facetten der bipolaren Störung, von der stabilen Phase bis hin zur Manie, wurden beeindruckend realistisch und echt dargestellt.

 

Erika Walter - Palmetshofer/Amir

Ewald Palmetshofer gelingt mit „Vor Sonnenaufgang" durch Bearbeitung eines klassischen Stoffes ein Stück, welches unsere aktuelle politische und gesellschaftliche Welt in einer bürgerlichen Familie spiegelt. Dabei schafft er Figuren, die gerade durch ihre emotionalen Beziehungen untereinander Prototypen für reale Menschen darstellen. Umhüllt wird das ganze Spiel von einer umwerfenden poetischen Sprache.

Die Podiumsdiskussion nach der Aufführung von „Homohalal" hat gezeigt, dass in dem Stück von Ibrahim Amir viel Diskussionsstoff steckt. Die Inszenierung von Regisseurin Laura Linnenbaum zeigt all die ernsten und hochaktuellen Themen durch ausgefallene Kostüme und Spielweisen ironisch verzerrt und spiegelt damit die scheinbare Absurdität unserer Probleme wider.