2. Juni 2017 •
Es ist heiß, wie immer in den vergangenen Tagen in Mülheim. Also treffen wir Kathrin Röggla im schattigen Garten des Mülheimer Hotels. Hier wird traditionell die Preisjury empfangen, man kennt die „Stücke“, weiß genau, wann der Anruf mit den Reservierungen kommt. Serviert werden uns Kaffee und Wasser. Umgeben sind wir von summenden Tieren und dem Rauschen der Autobahn – grüne Lagune und wimmelnder Verkehr liegen in dieser Stadt stets nebeneinander. Kathrin Röggla, Jahrgang 1971, nimmt sich Zeit für uns, obwohl sie sich noch auf die kommende Vorstellung einstimmen möchte und auch sonst viel zu tun hat. Zeit zu haben, so wird sich im Laufe unseres Interviews herausstellen, ist der Autorin wichtig.
Kathrin Röggla schreibt Stücke, Prosa, Essays und Hörspielen, auch Festivalstrukturen kennt sie gut. 2016 hat sie als Mitglied der Stückemarkt-Jury in Berlin agiert, in Mülheim war sie selbst schon zweimal mit ihren eigenen Stücken nominiert; 2010 mit „Die Beteiligten“, 2006 mit „draußen tobt die dunkelziffer“. Ihre Texte zeigen: Sie fuchst sich ein in das Material, recherchiert energisch und ausgiebig. Dass diese Arbeit eine besondere Form hervorbringt, ist möglicherweise auch mit ihrem eigenen Anspruch verbunden. Sie schreibe ihre Stücke als eine Art Frage, die sie an jemanden stelle.
Aus unserem Interview ist ein lebhaftes Gespräch geworden, wir sind – so wie es die „Stücke“ doch eigentlich wünschen – in Dialog mit der Autorin getreten. Im ersten Teil spricht Röggla über ihre Position in der Preisjury und ihren Blick auf Texte und Inszenierungen. Im zweiten Teil geht es ans Eingemachte: Wie ist das Bild von Autorinnen heute? Was ist Wahrheit auf und neben der Bühne? Und ist das dann authentisch?