18. Mai 2016 •
Felicia Zeller lehnt sich zurück und schmunzelt zufrieden. Soeben hat sie, wie sooft an diesem Abend, eine Frage aus dem Publikum zielsicher zurück zum Absender befördert. Der hatte wissen wollen, was das zweite Wort im Stücktitel bedeute. Zellers Antwort: „Allgemein ist doch ein schönes Wort.“ Längere Pause. Dann: „Oder?“, mit einem auffordernden Blick schaut sie ins Publikum.
Die Fragenden müssen sich heute darauf einstellen, vom Podium aus zurückbefeuert zu werden. Auch Michael Laages‘ anfänglicher Versuch, den Titel mit der österreichischen Band „Erste Allgemeine Verunsicherung“ in Verbindung zu bringen, wird mit einer forschen Gegenfrage gekontert. Wie ihm selbst der Titel des Stücks denn gefalle, will Zeller wissen. Laages‘ zeigt sich mäßig euphorisch. Diverse, nicht direkt fragebezogene Details liefert Zeller dann aber doch noch. Es habe zum Beispiel eine Vielzahl verworfener Arbeitstitel gegeben, „Reloaded“ etwa, aber auch „Erstes adaptiertes Drehbuch“ oder „Klumpenapokalypse“.
Eine Bauchentscheidung
Auskunftsfreudiger zeigt sich Regisseurin Johanna Wehner. Sie spricht unter anderem über den Grund, das Stück mit fünf Schauspielern zu besetzen: Eine Bauchentscheidung. Aber dennoch eine unbedingt zwingende, setzt sie lachend nach. Schließlich habe eine Gruppe (Wehner spricht von „minimaler Zwangsgesellschaft“) im Zentrum der Inszenierung stehen sollen, und da zwei („ein Paar“), drei („Dreierbeziehung“) und vier („zwei Paare“) Menschen nicht gewünscht waren, hätten es eben fünf sein müssen. Auch seien im Text, der zweifelsohne auch gut von einer einzelnen Person wiedergegeben werden könnte, diverse Beziehungsgeflechte angelegt, die sich durch die Fünfer-Gruppe am besten darstellen ließen. Tatsächlich hatte Zeller vorher erwähnt, dass sie die Form des Stücks mit dem soziologischen Konzept der ‚außengeleiteten Persönlichkeit‘ in Verbindung gebracht habe: Dem Soziologen David Riesman zufolge bekommen die Bewertungen durch Andere in den Gesellschaften der Moderne handlungsleitende Bedeutung für das Individuum. Auf vergleichbare Weise würden sich auch die Figuren durch das Stück kämpfen.
Auch die Frage aus dem Publikum, warum die letzte Passage des Ausgangstexts in der Inszenierung gestrichen worden sei, beantwortet Wehner mit Blick auf die Gruppe. Bei den Proben habe sich eine Dramaturgie entwickelt, die zu einem in sich schlüssigen Ende gefunden und keinen Raum mehr für den letzten Abschnitt geboten habe – so seien sowohl die im Text vorgesehene Begegnung mit einem Wunderkind als auch das Sich-wieder-finden in der endlosen Wiederholung der Zeit herausgefallen.
Spaß an Widerständen
Als Laages fragt, inwiefern die Beziehungen der Schauspieler untereinander für Gruppendynamik und Zusammenspiel wichtig seien, schaltet sich Ensemblemitglied Martin Rentzsch ein. Ein gutes Verhältnis sei zentral: „Ping Pong, wenn man sich nicht mag, das wäre ja schrecklich!“
Speziell hebt Laages noch das Bühnenbild hervor, für das – wie bereits bei Fritz Katers „Buch“ und deutlich wiedererkennbar – Volker Hintermeier verantwortlich ist. Ellen Hofmanns Kostüme werden ebenfalls kurz erörtert. Auf konzeptioneller Ebene seien hier die tierischen Merkmale bedeutsam gewesen, das Publikum hingegen interessiert vor allem die meterlange Schleppe, mit der sich Schauspielerin Constanze Becker arrangieren muss. „Spaß an Widerständen auf der Bühne“ sei hilfreich, so Becker lachend. Zuletzt sorgt Vincent Glander noch mit einer Anekdote von den an Gegenwartsdramatik wenig interessierten Frankfurter Theaterabonnenten für Erheiterung, die das Stück nicht gerade mit offenen Armen in Empfang genommen hätten. „Da herrscht dann auch mal trübselige Grabesstimmung im Publikum.“
Einiges ist also angesprochen worden, doch alles in allem will das Gespräch heute nicht recht ans Laufen kommen. Bereits nach einer Dreiviertelstunde scheint alles gesagt zu sein. Wenn das Podium dann keine Fragen mehr an das Publikum habe, so Laages schmunzelnd, könne man den Abend also beschließen.