Fabelhaftes Federvieh
Ein blindes Huhn verirrt sich in einen trostlosen Hinterhof, wo eine lahme Ente ein einsames und beschauliches Leben fristet. Vielleicht ein neuer gefiederter Mitbewohner, denkt sich die überraschte Ente hoffnungsfroh. Zu dumm, dass sich das rastlose Huhn in den Kopf gesetzt hat, jenen Ort zu finden, wo der geheimste Wunsch in Erfüllung geht. Ein Blindenhund wäre dafür zwar der ideale Weggefährte, doch auch eine lahme Ente wäre, mangels Alternative, eine denkbare Begleitung. Nur: Die Ente fürchtet nichts mehr als die Welt da draußen, die vor Gefahren nur so wimmelt. Aus Sorge um das blinde Huhn willigt sie schließlich ein und beide begeben sich auf eine ungewöhnliche Abenteuerreise.
Ulrich Hub bedient sich alltäglicher Redensarten und gestaltet daraus zwei wunderbare Figuren, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Es ist die Geschichte zweier Außenseiter, die trotz oder gerade wegen ihrer Behinderung zusammenfinden. Die Ente sieht, das Huhn stützt. So durchqueren sie einen dunklen Wald, queren eine tiefe Schlucht und ersteigen den höchsten Berg, bis sie auf ein goldenes Tor treffen. Auch wenn im Laufe der Reise immer wieder Unstimmigkeiten, Gezänk, und Vorwürfe für Verstimmung und Verzweiflung sorgen, so ist mit jedem neuen Abenteuer doch eine Wandlung zu spüren, die nicht nur die beiden Weggefährten enger zueinander führt, sondern jede Figur für sich entdecken lässt, was ihr Leben reicher macht, und auf was es wirklich ankommt. So entstehen am Ende eine Freundschaft, der selbst eine große Lüge nichts anhaben kann, und die Erkenntnis, dass die Erfüllung der geheimsten Wünsche und das wahre Glück in nicht allzu weiter Ferne liegen, wenn man bereit ist, sich dafür zu öffnen.
Ulrich Hub ist mit den beiden skurrilen Vögeln eine außergewöhnlich kluge, tiefsinnige und federleichte Geschichte über Mut, Vertrauen, Freundschaft, versteckte und nicht versteckte Wünsche, die Lust auf wirkliches Leben und die Magie der Illusion gelungen, nicht ohne Humor und reichlich Situationskomik.
Werner Mink