Bär im Universum

Eisbären-Sehnsucht und Hühnerträume

Es gehört seit jeher zur großen Kunst von Dea Loher, dass sie in den Schicksals-Geschichten ihrer Figuren komplexe Gesellschaftsfragen und Weltzusammenhänge aufleuchten lässt. In ihrem neuen Stück nimmt sie nun die Klimakatastrophe zum Anlass für eine verzweifelte Tier-Komödie. Buchstäblich an Fell und Federn müssen ihre Protagonist:innen erleben, was es bedeutet, wenn auf einmal nicht nur die eigenen Lebensräume bedroht sind, sondern man selbst zu den Aussterbenden seiner Art gehört. Anhand eines Eisbären namens Benny, der mit einem selbstgebauten Floß das Weite suchen muss, bevor ihm die letzte Eisscholle unterm Hintern wegtaut, erzählt Loher eine Geschichte über Flucht, erste Liebe und Hoffnung. Wuchtige große Themen, die in diesem Stück auf leichte Weise konkret und situativ verhandelt werden. Schließlich sind es ganz elementare Fragen, die den Betroffenen unter den Klauen und Tatzen brennen, wie zum Beispiel: In wen verliebe ich mich als letzter Eisbär im Universum? Auf der Flucht findet Benny sein großes Glück bei einem Huhn namens Polly. Nur dass Polly schon beim bloßen Gedanken, eines Tages Bärenhühner auszubrüten, Albträume kriegt. Eine Partneranzeige für den Freund muss her! Prompt melden sich Gleichgesinnte aus aller Welt. In Briefen und Lebensberichten schildern sie ihre jeweiligen Situationen. Ob auf der Flucht vor Wilderern, brennenden Wäldern oder vermüllten Meeren, alle eint das gleiche Schicksal: Ihresgleichen gibt es nicht mehr. Eine absurd komische Partnersuche von lauter Aussterbenden nimmt ihren Lauf. Durchwoben mit Liedern und screwballartigen Dialogen weht ein Hauch Billy Wilder durch dieses bitterkomische und zärtliche Stück über Freundschaft, Mut, ungleiche Paare und das nie aussterbende Liebes-Missverständnis.

Theresia Walser