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Unser RöntgenBLICK auf...

NORA MANSMANN

In 3 Sätzen – Wie ist es passiert, dass Du Theaterstücke schreibst?

(1) Geschrieben hab ich eigentlich schon immer, seit ich schreiben kann.
(2) Dann habe ich das Theater für mich entdeckt und es war logisch mal zu versuchen Stücke zu schreiben.
(3) Das ging besser als das, was ich vorher so versucht hab - das flutschte so.

 

Wo schreibst Du am Liebsten? Warum?

In einer angenehmen, gemütlichen Umgebung ohne Ablenkung - tendenziell zu Hause, da ist es so wie ich es mir angenehm gemacht habe und gerne mit Musik – aber nicht mit irgendwelcher.

 

Gehst Du immer nach dem gleichen System oder Prinzip vor, wenn du schreibst?

Es passiert eigentlich alles im Prozess. Ich habe schon meistens sehr früh eine Idee von einer Struktur, die mit dem Ablauf der Geschichte zu tun hat. Und dann kommen die Figuren nach und nach. Vieles entsteht dann aus dem Schritt, der davor passiert ist, zum Beispiel bei Dialogen.

 

Wann hast Du das Gefühl, dass ein Stück/Text fertig ist?

Wenn er in sich möglichst perfekt ist – das ist ein bisschen wie bei einer Partitur - es hat für mich viel mit Musik zu tun. Die Struktur ist wichtig und Rhythmus ist wichtig. Nicht nur in den Sätzen, sondern im Ganzen – das hängt aber natürlich auch mit der Geschichte zusammen. Generell hängt alles zusammen. Es wird Schritt für Schritt immer perfekter - immer fertiger. Aber es gibt auch die Deadlines - ich selber würde wahrscheinlich gar nicht sagen: Das ist fertig! Bisher wurde der Prozess meistens durch eine Deadline gestoppt.

 

Hast Du beim Schreiben, aufgrund deiner Erfahrung als Regisseurin/Inszenatorin, schon Ideen zur Umsetzung?

Nein, eigentlich gar nicht. Es ist für mich immer Text und Musik. Ich lese mir die Texte laut vor und feile daran - aber das Visuelle ist da völlig ausgeklammert.

 

Inwiefern ist dein Text Material, das zur Verfügung steht, um es zu gebrauchen?

Ich bin sehr für Texttreue bei meinen Texten. Da es für mich so auskomponiert ist, möchte ich, dass man dabei bleibt. Ich glaube auch, wenn man die Musikalität in den Texten entdeckt, muss man dabei bleiben. Man kann Passagen umstellen oder streichen, aber wenn ein neues Wort eingesetzt wird oder das Ganze frei erzählt, dann ist der Rhythmus nicht mehr da. Es ist nicht nur Gebrauchstext um eine Geschichte zu erzählen – dabei können Ebenen verloren gehen, die mir persönlich wichtiger sind, als die Geschichte.
Es hat mich, was Musikalität und Rhythmus angeht, sehr gefreut, dass ich bei dieser Inszenierung das Gefühl hatte: Da versteht mich jemand!

 

Hat es eine Bedeutung, dass in „fuchs & freund“ alles kleingeschrieben ist?

Es hat mit dem Rhythmus und mit Interpretationsmöglichkeiten zu tun. Wenn zum Beispiel zwei Sätze ineinander übergehen und der Mittelteil zu zwei Sätzen gehören kann. Die Zuordnung ist dann Interpretationssache. Mit Satzzeichen wäre diese Interpretation eingeschränkt.
Ich mag es, dass man so damit spielen kann und mehr Bedeutung in bestimmte Sätze legen kann.

 

Wo kommt bei dir diese Orientierung am Rhythmus her?

Ich hab immer Musik gemacht und auch Musikwissenschaft studiert, aber, dass Musik für mein Schreiben so wichtig ist, ist mir erst nach einiger Zeit aufgefallen. Da ich Autodidaktin bin, ist mir erst nach und nach klar geworden wie mein Schreiben funktioniert.
Eine Journalistin hat mal über eines meiner Stücke geschrieben, es sei wie eine Sonatenhauptsatzform aufgebaut. Das hatte ich zwar nicht absichtlich gemacht – es war aber tatsächlich so!

 

Wie ist es dazu gekommen, dass Du „fuchs & freund“ geschrieben hast?

Im Rahmen eines Stipendienprogramms („Nah dran!“) hat mich das TjG - Theater junge Generation Dresden angesprochen, ob wir uns gemeinsam bewerben wollen.
Eines der gesammelten Themen war Fremdheit – in Dresden gab es kaum „Fremde“ (wer auch immer die „Fremden“ sind), aber dennoch große Skepsis/Ablehnung gegenüber „dem Fremden“. Das war noch vor Pegida – der Text hat einen langen Weg hinter sich. Das Stück sollte für Kinder ab 6 sein, deswegen haben wir das Thema auf den Beginn der Schulzeit gelegt – man kommt in eine neue Gruppe, wo man der Fremde ist. Ich fragte mich, was diese Fremdheit ist? Und daraus ergab sich die Art der Fremdheit von fuchs.
Ich finde es gut, dass fuchs nicht offensichtlich „fremd“ ist, sondern jemand der nur ein bisschen anders wahrnimmt und denkt.
Ich habe sowohl über eigene Erfahrungen aus meiner Kindheit geschrieben, als auch über Kinder, die ich kenne.
Und daraus hat sich die Figur ergeben.

 

Tragen deine Texte eine politische Botschaft?

Ich bin ein politischer Mensch – Dinge, die mich dahin gehend aufregen, sind ein Schreibanlass für mich. Aber ich übertrage das nicht eins zu eins, das funktioniert für mich nicht. In mir zeigt sich Widerstand, wenn mir jemand im Theater sagt, wie ich Dinge zu tun habe – das ist mir zu platt. Dennoch möchte ich politisch/gesellschaftlich wirken.
Bei einem Kinderstück ist es dann aber nochmal eine andere Ansprache.

 

Kannst Du sagen, inwiefern diese politische/gesellschaftliche Wirkung bei ganz jungem Publikum greift?

Ich glaube schon, dass das funktioniert.
Kinder verstehen & merken sich viel und Eindrücke sind oft sehr stark und es bleibt mehr hängen, als die Erwachsenen denken, die Kinder formulieren nur anders.

 

Was ist die schönste Reaktion auf eines deiner Stücke, die Du je bekommen hast?

Es gibt keine direkte Situation – aber ich find es immer toll, wenn Leute sagen, dass es sie berührt hat – wenn sie ergriffen sind, weil sie selbst irgendwo anknüpfen konnten. Ich mag das an Texten auch, wenn man gut mit seinen eigenen Erfahrungen dazwischen kommt. Das ist schön, wenn ich dann zufällig irgendwas getroffen hab.

 

 

www.nora-mansmann.de