Rhenag-Haus – Schloßstraße 22

Laufende Nummer: 
393
Eintragung: 
6. Mai 2014
Denkmalart: 
Baudenkmal
Klassifikation: 
cultural
Straße, Hausnummer: 
Schloßstraße 22
Kurzcharakteristik und Würdigung: 

7-geschossiges Hochhaus mit ca. 1554 m² Nutzfläche; 1952/53 von den Architekten W. und F. Bunse (Mülheim) für die Rhenagbau GmbH errichtet, heute prägendes Gebäude der Fußgängerzone im Zentrum der Mülheimer Innenstadt mit Hauptfront zur Schloßstraße; Fassade zum Löhberg konvex geschwungen, nordwestliche Fassade leicht konkav. Schauseiten mit Tuffstein, Ladenfront mit Muschelkalkplatten verkleidet. Der Baukörper, über unregelmäßigem Grundriss, nimmt die Kopfseite der dreieckigen Parzelle ein, die von den Straßen Löhberg im Nordosten, Schloßstraße im Südosten und Kohlenkamp im Südwesten begrenzt wird. Ladenzone im Erdgeschoß; darüberliegende Büroetage im 1. Obergeschoß durch leicht vorspringendes Fensterband von der sonst glatten Lochfassade der darüber liegenden Wohngeschosse abgehoben. Oberstes Geschoß um ca. 1 m zurückspringend als Staffelgeschoss ausgebildet; um 1,37 m vorkragendes Dach über umlaufenden schlanken Säulen. Ladenzone und Büroetage im Erd- und 1. Obergeschoss (wie Sockel angelegt) und aufgesetztes Staffelgeschoss verleihen dem Baukörper eine horizontale Gliederung. Wandflächen vom 2. - 5. Obergeschoss ohne Gliederung nur von hochrechteckigen Fensteröffnungen rhythmisiert (14 zu 4 Achsen an der Längs- bzw. Schmalseite). Fensteröffnungen umlaufend von Werksteingewänden eingefasst. An Gebäudeecken Betonung der Körperhaftigkeit durch breite Wandflächen. Brandgiebel zu den Nachbarhäusern Löhberg und Kohlenkamp ebenfalls mit Tuffsteinplatten verblendet (ursprüngliche Auflage). Konstruktiv: Stahlbetonkonstruktion mit Schwemmsteinausmauerung. Drei an den Geschäftsstraßen liegende Fassaden mit Tuffsteinplatten verkleidet; Ladenfronten mit Muschelkalkplatten verblendet. Haupterschließung über kreisförmige, mit Muschelkalkplatten verkleidete Stahlbetontreppe mit Aufzug (kreisförmig, Holz) im Treppenauge. Auf 1.-3. und 5. und 6. Etage originale Holztüre mit Glaselementen und profilierten Holzglasteilungen als Etagen-Abschlusstüre zum Hausflur erhalten. Nebenerschließung mit einläufigen Treppen von den Ladenlokalen in das Zwischengeschoss; sowie zwischen dem zwei Obergeschossen (Treppenloch heute mit Holz verschlossen; Treppenanlage erhalten) Schaufenster der Ladenlokale und Fensterband im 1. Obergeschoss und Fenster der Wohngeschosse nicht mehr im Original erhalten. Im Staffelgeschoss vereinzelte erhaltene Originalfenster in Holz (Kiefernholz, inkl. Beschläge). Originale Wohnraumtüren in Holz mit profilierten Holzgewänden zum Teil ab dem 1. Obergeschoss erhalten; wenige erhaltene originale Beschläge. Die Fußböden der Ladenlokale z.T. mit Solnhofener Fliesen ausgelegt. Über Erdgeschoss ursprünglich schlankes Vordach mit Markise, auf dem die Werbeanlagen der Ladenlokale als freistehende Schriftzüge angebracht waren. Begründung - Das Gebäude stellt ein weitgehend unverändert erhaltenes, typisches Wohn- und Geschäftshaus der 1950er Jahre dar und dokumentiert anschaulich architektonische Tendenzen der Nachkriegszeit. Der Rasterbau als Ausdruck konstruktiver und räumlicher Ordnung ist logisches Erscheinungsbild des Skelett-Konstruktionsprinzips und der Addition gleicher Raumeinheiten – so an der Wohngeschoss-Zone des Rhenag-Gebäudes ablesbar. Dennoch sind am Rhenag-Hochhaus traditionell bewährte Gestaltungsprinzipien auszumachen, die die Verwurzelung der Architekten in der klassischen Baukunst aufzeigen. Auch wenn mit dem Konstruktionsprinzip, dem Stahlbetonskelett, die moderne, zeitgenössische Bautechnik Anwendung findet, verzichtet die Architektur auf die streng modulare Prägung des Baukörpers. Die Verkleidung mit Tuffstein- bzw. Muschelkalkplatten, die Dreigliedrigkeit des Baukörpers („Basis“ - Erdgeschoss und Büroetage und „Attika“ - Staffelgeschoss), all diese Gestal-tungselemente sind noch geprägt von einer akademischen Architekturauffassung. Das Zitieren klassischer Ordnungsprinzipien, der Verzicht auf Transparenz und konsequentes Sichtbarmachen des Konstruktionsprinzips bei der Fassadengestaltung zeigen das Rhenag-Gebäude als der konservativen Strömung der 1950er Jahre Architektur zugehörig. Dennoch sind am Baukörper mit dem unregelmäßigen Grundriss, der konvex-konkaven Fassadenführung, dem Licht-Schattenspiel aufgelösten Staffelgeschoss Elemente auszumachen, die städtebauliche Theorien und Konzepte der Nachkriegszeit veranschaulichen, die mit Schlüsselbegriffen wie „Schwingung“, „fließender Raum“ zur Schaffung eines neuen Lebensgefühls in einer „aufgelockerten Stadt“ beitragen wollen. Mit der Vorstellung einer rhythmisch gegliederten „Stadtlandschaft“ wurde eine bewusste Abkehr vom axial ausgerichteten, hierarchischen Ordnungsprinzipien folgenden Städtebau des Dritten Reiches einerseits und den unübersichtlichen, verschachtelten Strukturen vergangener Epochen vollzogen. Die Neuinterpretation räumlicher Kontexte in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, deren Grundsatzdiskussion von Begriffen wie Rhythmus, Bewegung, und Asymmetrie bestimmt wurde, findet im Rhenag-Gebäude ein Zeugnis von hoher Authentizität und zeittypischer städtebaulicher Wirkung. Das Rhenag-Gebäude ist bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeugnis für die Architektur des Wiederaufbaus und städtebaulich wirksame Dominante der 1950er Jahre. Es ist bedeutend für die Stadt Mülheim, da es als Wohn- und Geschäftshaus eines für Mülheim wichtigen Unternehmens eine bestimmte architekturhistorische Epoche der Nachkriegszeit dokumentiert und einen entscheidenden städtebaulichen Akzent im Mülheimer Stadtzentrum bildet. Für die Erhaltung und Nutzung des o.g. Objektes liegen wissenschaftliche, insbesondere architektur- und ortshistorische sowie städtebauliche Gründe vor. Das Rhenag-Gebäude hat darüber hinaus Zeugnischarakter für die Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte Mülheims als Sitz des 1872 auf Initiative von König Wilhelm von Preußen in Köln gegründeten Traditionsunternehmens “Rheinische Wasserwerksgesellschaft“ auf welche die Rheinische Energie Aktiengesellschaft kurz Rhenag zurückgeht. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich bei o.g. Objekt um ein Bau-denkmal im Sinne des § 2 DSchG NW handelt, an dessen Erhaltung und Nut-zung ein öffentliches Interesse besteht.

Unterschutzstellungsdokument: 
INSPIRE: 
DE_05117000_A_DL-0393