Baudenkmal im Ensemble: Kämpchenstraße 38-44

Laufende Nummer: 
343
Eintragung: 
17. Mai 2011
Denkmalart: 
Baudenkmal
Klassifikation: 
cultural
Straße, Hausnummer: 
Kämpchenstraße 44
Kurzcharakteristik und Würdigung: 

Zweigeschossiges, unterkellertes Wohngebäude in Putz mit Putzsockel und hohem Mansarddach (Falzziegel) im Ensemble mit den angrenzenden Gebäuden Oberstraße 55 und 57 um 1913 von und für Friedrich v. d. Dunk (Architekt) als Teil der nahezu geschlossenen Blockrandbebauung an der Kämpchenstraße errichtet. Einfriedung des Vorgartens mit niedriger verputzter Mauereinfassung. Fassadenöffnungen, original Fensterrahmen in Holz mit Sprossung, gestaltete Holztüren (Türgewände, Türblätter der Hauseingangstüre, Wohnungstüren, Keller- und Gartentüre), Holztreppe mit gedrechseltem Geländer und gestaltetem Antrittspfosten, gestalteter Fliesenspiegel aus verschiedenfarbigen und verschieden gemusterten Fliesen vor dem Hauseingang und im Treppenhaus, Marmorverkleidung an den Wänden des Treppenhauses, sowie Fußbodenbeläge im Original erhalten. Stuck in Wohnräumen des Erdgeschosses erhalten. Schlichte dreiachsige Straßenfassade im OG, im EG vierachsig, von mittig angeordnetem, abgerundetem zweigeschossigem Fenstererker (1. OG bis ins DG) mit Zwerchhaus, das mit flachem Walmdach abschließt, dominiert. Hauseingang in südlicher Außenachse, in tiefliegender Nische mit vorgesetzten Treppenstufen. Darüber mit Bieberschwanz gedeckte Verdachung mit außergewöhnlichen figürlichen Stirnziegeln in Form von Drachenköpfen an den Graten. Fassade horizontal durch zwei Sohlbankgesimse im Erd- und Obergeschoss gegeliedert. Im Obergeschoss und Dachgeschoss je ein Solbankgesims um den abgerundeten Erker. Hochrechteckige Fensteröffnungen mit in den Außenachsen zwei- in der Mittelachse dreiflügeligen Fenstern. Im Erker beiderseits des Mittelfensters einflügliges Fenster; Alle Fensterrahmen sind original erhalten, im 1.OG auch die Klappläden. - Schlichte verputzte Gartenfassade mit auf massiven Stützen ruhendem Balkonvorbau. Im Inneren Raumdisposition der Geschosswohnungen und die Ausstattung (s. Auflistung) erhalten. Das Gebäude ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und die Stadt Mülheim, da es den Typus des städtisch geprägten, in Reihenbebauung integrierten Mehrfamilienhauses darstellt und die Wohn- und Lebensweise des städtischen Bürgertums der Mittelschicht vor dem 1. Weltkrieg dokumentiert. Für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes liegen wissenschaftliche, insbesondere architektur-, ortshistorische sowie städtebauliche Gründe vor. Das Objekt stellt ein qualitätvolles, unverändert erhaltenes Beispiel für ein Wohngebäude (Mietshaus für drei Parteien) des frühen 20. Jahrhunderts dar. Die architektonische Formensprache orientiert sich an der Reforrnbaukunst, die sachliche und schlichte Formen in die Architektur einführte uns sich gestalterisch als Gegenbewegung zum historischen Eklektizismus verstand. Vor allem der Deutsche Werkbund setzte sich nach dessen Gründung entschieden für die Reformarchitektur ein. Der Reformstil wurde auch von der Heimatschutzarchitektur beeinflusst, um sich vom Internationalismus des Historismus abzugrenzen. So waren die solide handwerkliche Ausarbeitung des Heimatstils und seine funktionale Gestaltungsweise auch für die Reforrnbaukunst von Bedeutung. Dabei spielte in der Reformbaukunst ebenso wie im Heimatschutzstil die lokale Bautradition eine wichtige Rolle. Im Wohnungsbau tendierte man zur Vereinfachung und Versachlichung, Merkmale, die auch auf die Fassadengestaltung und Formensprache des o.g. Gebäudes zutreffen. Auch funktionale Aspekte wie zweckmäßige Grundrisse, günstige Belichtung der Wohnräume, Balkonanbauten zur Verbesserung des Wohnkomforts bestimmten die formale Durchbildung und die Raumdisposition. So verzichtete man zugunsten größtmöglicher Wohnfläche auf einen repräsentativen Hauseingang und streng axiale Ausbildung. Dennoch sind die Architektur und die Innenausstattung im Detail geprägt von qualitätvollen Materialien und solider handwerklicher Durchbildung, die auch heute noch ansprechend wirken und ein angenehmes Wohnklima schaffen. Das Gebäude ist zudem städtebaulich von Bedeutung, da es einen unverzichtbaren Bestandteil der historischen Bebauung der Kämpchenstraße bildet. Zusammen mit den in der Kämpchenstraße bereits in die Denkmalliste der Stadt Mülheim eingetragenen Wohngebäuden, die in der Formensprache des Historismus und des Jugendstil errichtet wurden, stellt es ein Ensemble dar. Dieses vermittelt anschaulich die Entwicklung der architektonischen Auffassung zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die vom historisierenden Formenrepertoire über die vegetabile Formensprache des Jugendstil bis hin zum Reformstil reicht, der durch den Rückgriff auf die einfache, klare Formen der Klassik, des Biedermeier und des Barock geprägt wird. Das Gebäude stellt zudem ein gutes, in ausgezeichnetem originalen Zustand erhaltenes Beispiel für das Schaffen des Mülheimer Architekten Friedrich von der Dunk dar, der in der Nachbarschaft weitere Bauten errichtet hat. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Gebäude (Außen, Innenbau, sowie Innenausstattung) mit Vorgarten ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DschG NW darstellt und an seiner Nutzung und Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht.

Unterschutzstellungsdokument: 
INSPIRE: 
DE_05117000_A_DL-0343-4