Gehöft „Am Schelberg“

Laufende Nummer: 
698
Eintragung: 
15. Januar 2019
Denkmalart: 
Baudenkmal
Klassifikation: 
cultural
Straße, Hausnummer: 
Stockweg 128
Kurzcharakteristik und Würdigung: 

Nach Auffassung des LVR - Amtes für Denkmalpflege im Rheinland liegen für o. g. Objekt die Tatbestandsvoraussetzungen zur Begründung des Denkmalwertes vor. Das Fachwerkhaus mit Nebengebäude Stockweg 128 in Mülheim an der Ruhr stellt ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW dar. Es ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und der Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, hier architektur- und ortsgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Umfang des Baudenkmals Zum Schutzumfang gehören das Fachwerkhaus und das in Backstein errichtete Nebengebäude (siehe Abb. 1 im Gutachten). Anbauten und Veränderungen der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind vom Schutzumfang ausgeschlossen. Lage und Geschichte Das Fachwerkhaus mit Nebengebäude befindet sich auf dem Gelände, welches in historischen und aktuellen (Flur-)Karten als „Am Schelberg" oder „Schellberg" benannt wird. Dieses gehört zur Gemeinde Selbeck, deren heutiger Kern ca. einen Kilometer weiter westlich liegt. Das Objekt liegt nördlich der Straße bzw. des Weges zwischen Mintard und Grossenbaum, an der heutigen Straße Stockweg und ist über einen von dieser abzweigenden Weg erreichbar. Erste Erwähnung fand Selbeck im Jahr 1303, wo es Teil des Unteramtes Landsberg war. Während der französischen Zeit unter Napoleon (1806-13) gehörte Selbeck zu Mairie Eckkamp (Kanton Ratingen), in preußischer Zeit ab 1815 zur Bürgermeisterei Mintard. Mit der Neugliederung im Jahr 1929 wurde Selbeck von der Stadt Mülheim an der Ruhr eingemeindet. Selbeck und seine Umgebung war landwirtschaftlich geprägt; so finden sich einige kleine Gehöfte und Kotten in der Umgebung. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entstand, durch Förderung von Erz in der Region, ein Siedlungskern. Das Gehöft „am Schelberg" wurde in den Flurbüchern mit der Eigentümerin Gräfin von Spee geführt (Flurstücke 21, 22 und 24 als Ackerland und Wiese, 23 als Hofraum, alle als Flur 1 benannt). Ca. 7 ha Ackerland und Wiesefläche gehören zu diesem Kotten. Der östlich davon liegende Hof Niederstindshof -eingetragenes Baudenkmal - gehörte ebenfalls der Gräfin von Spee. Wesentliche charakteristische Merkmale Fachwerkhaus, außen Das 1 1/2-geschossige Fachwerkhaus mit Satteldach aus dem 17./18. Jahr-hundert wird an der östlichen Traufseite erschlossen. Der Bau in Ständerbauweise mit Ankerbalkenzimmerung ist einfach verriegelt und die Gefache verputzt (Ausgefacht mit Staken und Lehm, im Sockelbereich teilweise Stein). Die Ostseite ist durch größere, liegende und kleinere, stehende Gefache strukturiert. An den Ecken je ein Kopfband. Die Balkenköpfe ragen in unregelmäßigen Abständen aus den Gefachen heraus und liegen auf bzw. über dem Rähm. Der Sockel aus Naturstein ist durch einen weiteren aus Backstein verstärkt (nicht bauzeitlich). Dieser ist geteert, wie auch das komplette Fachwerk. Die Eingangstür liegt mittig, die Fenster (meistens quadratisch, neben der Tür hochrechteckig) sind erneuert (erste Hälfte 20.Jhdt.); die Fensterläden sind aus grün gestrichenem Holz, die Innenseiten mit zwei quadratischen Spiegeln und geschmiedeten Beschlägen. Auf der nördlichen Giebelseite lässt sich das ursprüngliche Fachwerk vor der Erweiterung bzw. der Abschleppung gen Westen noch erkennen. Der Sockelbereich sowie das Fachwerk sind geteert, die Gefache meist liegend und größer als auf der Ostseite. Die Ständer laufen bis zum Zugbalken des Daches durch. Im unteren Bereich ist je ein Kopfband an den Ecken zu erkennen. Die Fenster sind auch hier, wie auf der Ostseite, erneuert, Läden weisen die gleichen Charakteristika (bis auf die Teilung in zwei Spiegel: hier nur ein hochrechteckiger) auf. Das Fachwerk wurde in westlichen Bereichen (liegendes Fenster unter Schwelle, Klöntür) erneuert, was auf eine ursprünglich andere Zugangs- bzw. Fenstersituation schließen lässt. In der abgeschleppten Erweiterung finden sich wiederrum eine Klöntür, ein liegendes Fenster unter dem Riegel sowie eine Klappe zum Dachbereich. An die (Stall)Erweiterung schließt sich ein eingeschossiges Toilettenhäuschen an. Die Westseite ist bis auf ein Geschoss abgeschleppt. Der nördliche Teil (mit Tor und liegendem Fenster) besteht aus einer Fachwerkkonstruktion, die andere besteht aus verputzten Backstein mit Fenster und Luke. Die südliche Giebelseite wurde vermauert, ein eingeschossiger Anbau mit Pultdach ergänzt (1960er Jahre). Fachwerkhaus, innen Im Inneren ist die ursprüngliche, mehrzonige Binnenstruktur in Teilen noch zu erkennen. Auf den Eingang mit jüngerer Eingangstür folgt ein dielenartiger Flur mit Küche. Dieser ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark überformt worden. Im Süden befand sich ein großer Raum, heute durch eine Trennwand geteilt und durch den südlichen Anbau erweitert. Die Tür scheint versetzt worden zu sein. Im Norden befindet sich ein Raum, der halb so groß wie der ursprüngliche auf der Südseite ist. Auch hier starke Überformung, dennoch alte Dielen vorhanden. Heute über den Flur zu erreichen ist der Stall, welcher durch die Abschleppung im Westen erweitert wurde. Hier, am Ende des Flures findet sich eine Tür zum Stall und die Treppe ins Dachgeschoss, wohl 19. Jahrhundert. Ursprünglich stand die Treppe um 90° gedreht in der Diele. Das Dachgeschoss wurde Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts ausgebaut. Je ein Raum im Norden und Süden, sowie ein großer Flur ausgehend vom Treppenaufgang. Hier auch Kamin und (Warm-)Wasserversorgung. Türen noch aus dieser Zeit, zum Teil sehr einfach gestaltet. Wände und Dachschrägen in den äußeren Räumen auch aus Fachwerk mit Staken und Lehm ausgefacht. Die Sparren des Daches fußen auf einen traufständigen Balken, der wiederrum auf Ständern liegt. Auf der Seite der Abschleppung sind die Zwischenräume mit Backstein ausgefacht. Die Deckung des Daches ist teilweise noch aus Lehmziegeln aus der ersten Hälfte, im größeren Umfang Betonziegel aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nebengebäude Das Nebengebäude ist ein eingeschossiger Backsteinbau mit Satteldach aus dem 18./19. Jahrhundert. Er ist halb unterkellert und steht auf einem Bruchsteinsockel. Kleine nachbauzeitliche Anbauten sind an der Süd- und Ostseite sowie als ab-geschleppter Anbau an der Nordseite zu verorten. Der Bau ist ohne Bauschmuck oder vergleichbarer Ornamentik und in seiner Fassade sehr schlicht und einfach. Die Fenster sind mit Glassteinen und Backsteinen zugesetzt, die Fensterläden sind mit denen des Fachwerkbaus identisch. Auch die Luken zum Kellergeschoss wurden mit Backstein geschlossen. Die Eingangstür wurde offensichtlich verändert, die Luken in den Giebeln sind verbrettert (Süden) oder durch Lädengeschlossen (Norden). Das Kehlbalkendach ist mit Asbestplatten gedeckt. Erschlossen wird der Bau ebenerdig auf der Westseite (dem Fachwerkhaus gegenüber). Von diesem Vorraum aus gelangt man über einige Steinstufen in den Gewölbekeller und einen darüber liegenden Raum. Der Kellerraum ist mit zwei Tonnengewölben überspannt und weist noch Reste eines blauen Wandanstriches auf. Der darüber liegende Raum ist durch eine Fachwerkwand (mit Backstein ausgefacht) mit einer einfachen Brettertür vom Eingangsraum abgetrennt. Eine leiterartige Treppe führt in das Dachwerk. Das Nebengebäude diente, mit seinen verschiedenen Räumen und daraus resultierenden Temperaturunterschieden, der Lagerung von Vorräten oder anderen Materialien. Außenanlage Die zur Hofanlage gehörige Freifläche ist heute teilweise asphaltiert und lässt keine ursprünglichen bzw. bauzeitlichen Strukturen erkennen. Weitere auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlagen sind nicht aus der Erbauungszeit der Hofanlage und stellen somit keinen Bestandteil des Baudenkmals dar. Begründung des Denkmalwertes Das o. g. Gehöft „Am Schelberg" ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen, hier insbesondere den Mülheimer Ortsteil Selbeck. Bedeutung für die Geschichte des Menschen Das o. g. Objekt ist bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeugnis für eine Bebauung, die aufgrund ihrer spezifischen Gestaltungsmerkmale in der vorindustriellen Zeit verortet werden kann. Der kleinen Hofanlage kommt ein Aussagewert für das Leben und die architektonische Gestaltfindung im 17./18. Jahrhundert zu. Sie zeugt vom ländlichen Bauen, dessen Strukturen bis ins 20. Jahrhundert hinein Gültigkeit bewahrt haben. Das Fachwerkhaus Stockweg 128 mit seinem Nebengebäude ist bedeutend für die Stadt Mülheim, insbesondere für den Ortsteil Selbeck, da es als Teil der überkommenen Bebauung den historischen Entstehungsprozess dieses heutigen Mülheimer Ortsteils bezeugt und den vorindustriellen Charakter der Gemeinde Selbeck dokumentiert, die erst seit 1929 zu Mülheim an der Ruhr gehört. Das o. g. Objekt dokumentiert durch seine Anordnung und Lage in der Örtlichkeit und durch seine Gestaltung für sich allein und im Kontext der umgebenden Bebauung den historischen Entwicklungsprozess Selbecks. Die Bezeichnung des Gehöftes „Am Scheiberg" findet sich auch in den Flur- sowie Urkatastern wieder (Abb. 1 und 2). Diese Karten zeigen auf, das Selbeck aus vielen kleineren Gehöften und Kotten bestand und es bis ins 19. Jahrhundert noch keinen Siedlungskern gab. Dieser wurde erst im Zuge der Industrialisierung und des Erzabbaus entwickelt. Mit einigen anderen Höfen, wie z.B. dem Niederstindshof (Stockweg 148), der auch im Besitzt der Gräfin von Spee war, lässt sich die landwirtschaftliche Struktur der Region noch heute gut ablesen. Bewahrt hat sich auch die isolierte Lage des Gehöftes, etwas abgelegen von der Straße zwischen Mintard im Osten und Grossenbaum im Westen. Das Objekt gibt auch Aufschluss über die Arbeitsverhältnisse im 17./18. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert hinein und illustriert anschaulich die einfachen und kargen Lebensbedingungen im ländlichen Raum. Mit dem Objekt Stockweg 128 hat sich ein bauliches Zeugnis bewahrt, das als eines der ältesten Häuser in Selbeck die ursprüngliche Bebauung sowie Lebensbedingungen der vorindustriellen Zeit bis ins 20. Jahrhundert dokumentiert. Für die Erhaltung und Nutzung des o. g. Objektes liegen wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorische sowie ortsgeschichtliche und landschaftsprägende Gründe vor. Das o. g. Objekt ist in besonderem Maße geeignet, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen. Seine Bedeutung folgt aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in dem Gebäude und seiner Bauweise zum Ausdruck kommen. Bei den wissenschaftlichen Gründen kommen besonders die architekturhistorischen zum Tragen, da sich das o. g. Objekt für die Erforschung und Dokumentation der Baukunst des 17./18. Jahrhunderts als geeignet erweist und ein Zeitdokument der Architekturgeschichte darstellt. Ihm kommt somit die Eigenschaft zu, die Entwicklung der Architektur zu dokumentieren, es kommt aber auch als Einzelobjekt und Gegenstand wissenschaftlicher Forschung im Kontext der Architektur des vorindustriellen Bauens in Betracht. Die schlichte, ländlich geprägte Fachwerkarchitektur des vorindustriellen Zeitalters war konstruktiv und strukturell in den vergangenen 200 Jahren einem steigenden Veränderungsdruck ausgesetzt. Dies verdeutlicht auch das Gehöft „Am Schelberg", das zu unterschiedlichen Zeiten diverse An- und Umbauten erfahren hat. Dennoch ist mit seinem konstruktiven Gerüst genügend originale Bausubstanz erhalten, um dem Aussagewert des o. g. Objektes ausreichend Wertigkeit zumessenzu können. Zugleich macht das Gehöft „Am Schelberg" in typischer Weise deutlich, dass gerade in ländlichen Gegenden die Veränderungen bis in das 20. Jahrhundert hinein oft nur additiv waren, d. h. in vorliegendem Fall, dass das konstruktive Fachwerkgerüst mit den Ziegelausfachungen unter jüngeren Hinzufügungen erhalten ist. Für den Erhalt des Gehöfts „Am Schelberg" sprechen daher wissenschaftliche Gründe, insbesondere im Kontext mit der Haus- und Bauforschung im ländlichen Raum. Das Fachwerkhaus Stockweg 128 gibt Aufschluss über die Konstruktion von Gebäuden im nördlichsten Bereich des Bergischen Landes im 17. und 18. Jahrhundert und repräsentiert eine typische Ankerbalkenzimmerung in der Zeit um 1700, jedoch in einer einfachen und ländlichen Form. Aber auch das Nebengebäude zeugt, in einer späteren Zeitschicht, von der Einfachheit des Bauens im ländlichen Raum, da es keinerlei Bauschmuck oder Ornamentik aufweist. Ortshistorische und landschaftsprägende Gründe sind bei der Bewertung des Gehöfts „Am Schelberg" als Baudenkmal ebenfalls von Relevanz. Mit dem Gehöft Stockweg 128 in Mülheim an der Ruhr, dessen Bezeichnung „Am Schelberg" weit in die Geschichte Selbecks verfolgt werden kann, wird anschaulich die Ortsgeschichte von Selbeck dokumentiert. Die kleinteilige, landwirtschaftlich geprägte Struktur der Bebauung in Form von kleinen Höfen und Kotten sowie deren weiträumige Positionierung im Landschaftsraum sind prägend für Selbeck bis weit ins 19. Jahrhundert hinein und in der Umgebung des o. g. Gehöfts auch heute noch in dieser Form ablesbar. Für die Ortsgeschichte ist weiterhin von Interesse, dass die Gebäude des Gehöfts „Am Schelberg" über Lebens- und Arbeitsformen Auskunft geben: Der Hof mit zugehörigen Ländereien gehörte der Gräfin von Spee (noch heute im Besitz der Familie), die diesen bis ins späte 20. Jahrhundert hinein verpachtete. Die Verbindung bzw. Abhängigkeit zwischen Pächter und Besitzer ist prägend für die vorindustrielle Zeit und war im ländlichen Raum auch im 19. und 20. Jahrhundert in abgewandelter Form weiterhin Usus. Das kleine Gehöft „Am Schelberg" zeugt anschaulich von der Einfachheit und Anspruchslosigkeit der Lebensweise, die im ländlichen Raum bis ins 21. Jahrhundert hinein gepflegt wurde. Bei o. g. Objekt fallen auch landschaftsprägende Gründe bei der Begründung des Denkmalwertes ins Gewicht. Selbeck ist noch heute, vor allem außerhalb des heutigen Siedlungskernes, ländlich bzw. landwirtschaftlich geprägt. Die noch bestehenden Gehöfte und Kotten liegen nicht an der Straße, sondern sind nur durch kleine Abzweigungen von dieser zu erreichen. So entfalten die Anlagen je nach Standpunkt in diesem Gebiet Blickbeziehungen und unterstreichen den oben beschriebenen Charakter. Das Objekt Stockweg 128 („Am Schelberg“) ist somit Teil einer Struktur, entfaltet als Element der Kulturlandschaft Wirksamkeit und tradiert ein historisch gewachsenes Gefüge. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass o. g. Gehöft Stockweg 128 in Mülheim an der Ruhr ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW darstellt und an seiner Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen Gründen - hier architektur- und ortshistorischen sowie landschaftsprägenden - ein öffentliches Interesse besteht. Das Gutachten des LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland vom 16.10.2018 und der als Anlage beigefügte Lageplan sind Bestandteil der Eintragung.

Unterschutzstellungsdokument: 
INSPIRE: 
DE_05117000_A_DL-0698