Scheffelstraße 11

Laufende Nummer: 
622
Eintragung: 
25. April 1990
Denkmalart: 
Baudenkmal
Klassifikation: 
cultural
Straße, Hausnummer: 
Scheffelstraße 11
Kurzcharakteristik und Würdigung: 

Die Bebauung der Scheffelstraße erfolgte zu Anfang des 20. Jh. mit einer geschlossenen Blockrandbebauung, deren Solitäre stark differenziert ausgebildet wurden, aber allesamt der Architektur des Jugendstils deutscher Prägung verhaftet sind. Die starke Differenzierung der Baukörper in architektonischer Sicht war ein Charakteristikum der Gründerzeitarchitektur und ist in der Scheffelstraße sehr gut ablesbar. Das vollständig erhaltene Wohngebäude Nr. 11 als kunstgeschichtlich wertvollster Solitär der Straßenzeile ist somit bedeutend für die Stadtbauentwicklung Mülheims in der Zeit der Jahrhundertwende bis hin zum Beginn des I. Weltkrieges. Der Erhalt des Gebäudes begründet sich aus folgenden wissenschaftlichen besonders architekturgeschichtlichen Gründen: Der 3-geschossige Wohnbau ist als Putz-Backsteinbau aufgeführt. Ein hohes Souterrain mit geputzter Quadergliederung begründet die rechtsgelagerte Aufgangstreppe zum Haupteingang. Das EG mit Fensterauswechslung der 60er Jahre nimmt größernteils die Putzquaderung auf und vermittelt somit den Eindruck soliden Basismauerwerks. Abgeschlossen wird das EG durch einen überdi-mensionierten Putzfried, der die ionische Dekoration eines Mäander mit flankierenden Eierstabgesimsen aufweist, und einem durchlaufenden, ungegliederten Putzband. Im 2. und 3. Geschoß wird die Vertikalität des Bauwerkes durch einen mittigen, 3-achsigen Risalit mit Spitzgiebel zum beherrschenden Architekturelement der Fassade. Über dem breit gelagerten Mäanderfried als Basis werden die Obergeschosse durch Wechsel von über 2 Geschossen laufenden Backstein- und Fensterbändern - die Fenster original als Sprossenfenster erhalten - in der Senkrechten betont. Mittig getrennt werden die Fensterbänder durch 3 Putzfelder mit hochreliefierten Ornamentplatten, die an Buckelschilder erinnern. Krönender Abschluß bildet der gleichseitige Dreiecksgiebel, der über einem breitprofilierten Hauptsims mit Zahnschnittleiste, das das Dachgesims vertritt, sich erhebt und keinen Zweifel an der Intention des Architekten läßt, hier eine Jugendstil-/Frühexpressionismus-Rezeption eines antiken Tempelhauses in Verband einer Häuserzeile auszuführen. So wird der Dreiecksgiebel in der SIMA mit Zahnschnitt begleitet, das Satteldach des Risalites schneidet voll in das Hauptsatteldach ein. Besonders interessant ist die Gliederung des Tympanons durch dreieckig vorragende Backsteinbänder, die die Putzflächen symmetrisch gliedern und kleinen, hochrechteckigen Dachraumfenstern Raum schaffen. Die Kombination von antikem Bauschema mit Flächengliederung und Formensprache des Backsteinexpressionismus erhebt das Gebäude zu einem sehr seltenen Beispiel der Übergangsphase vom Jugendstil zum Expressionismus. Die Backsteinbänder des Risalites gehören mit ihrer Vertikalität schon dem Expressionismus an, während die antikisierenden qualitätsvollen Putzornamente dem Historismus verpflichtet sind. Der Jugendstil zeigt sich in der bewußten Asymmetrie des Baukörpers, der links in der Flucht des Dachgebäudes zurückgelagert, um dann mit dem Hauptkörper weit nach vorne zu springen. Auch Details wie die Rundbogennische des Haupteingangs - ein scharfer Kontrast zum danebengelagerten Mäander - sind typisch für diesen Baustil. Interessant ist das Eingangsportal mit den gemauerten Pfeilern am Vorgarten, dessen Pflanzenbewuchs die Rundbogennische des Haupteinganges vorwegnimmt und zusammen mit dem geschwungenen Lattenzaun ein schönes Beispiel der Gartenbaukunst des Jugendstils bildet. Das wohl kurz vor dem I. Weltkrieg errichtete Gebäude ist also sehr bedeutend für die Architekturgeschichte Mülheims, Dokument des Übergangs vom Jugendstil zum Expressionismus. Dem Gesetzestext entsprechend, ist die Scheffelstraße 11 bedeutend für die Geschichte des Menschen und der Stadtentwicklung Mülheims im frühen 20. Jh.; es ist erhaltenswert aus wissenschaftlichen, besonders architektur- und ortsgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen.

Unterschutzstellungsdokument: 
INSPIRE: 
DE_05117000_A_DL-0622